Bei Kälte brauchen Pferde mehr Energie über die Fütterung, und während der Erkältungszeit im Winter brauchen sie Immunschutz für die Virenabwehr. Klingt erst einmal logisch. Doch bei „ShoshoLogisch“ möchten wir aus nutriologischer Sicht genau wissen, was es mit dem besten Winterfutter auf sich hat:
Warum ist Heu das beste Winterfutter, damit Pferde gesund bleiben? Was bekommt Nachwuchspferd Shosholoza, geboren 2015, im Dressurzentrum Aubenhausen zu fressen? Und sehen wir es unserem Pferd eigentlich selbst an, ob es gut gefüttert ist, oder brauchen wir dafür fachmännische Hilfe?
„Beim Beurteilen von Ernährungszustand und Futterration schaue ich mir natürlich immer das Pferd an. Manchmal reicht auch ein Foto, wenn das Pferd nicht grade dickstes Winterfell hat. Denn dann sieht man natürlich nichts, da muss ich tasten“, sagt Kathrin Irgang. Neben Schauen und Tasten (Faustregel: Die Rippen soll man beim Pferd fühlen, aber nicht sehen können) sammelt sie erst einmal alle möglichen Daten zum Pferd:
Selbst die Topografie der Weide, also hügelig oder topfeben, spielt eine Rolle sowie das individuelle Temperament des Pferdes, weil es seinen Grundumsatz sowie sein spontanes Spiel- und Bewegungsverhalten beeinflusst.
Die Rippen soll man beim Pferd fühlen, aber nicht sehen können.
Mit diesen Parametern führt Dr. Irgang die computergestützte Rationsbedarfsberechnung sowie die Rationsanalyse durch und vergleicht theoretisches Soll und praktisches Ist:
Sind diese Fragen beantwortet, erstellt Dr. Irgang den optimierten Fütterungsplan. Wichtig dabei zu beachten: Viel hilft nicht automatisch viel. Das gilt gerade bei Pferden, die körperlich noch nicht komplett ausgereift sind. In der Fütterungslehre gilt ein Pferd zwar ab drei Jahren als adult, also erwachsen.
Körperlich voll ausgebildet sind ein dreijähriger Warmblüter und auch die fünfjährige Stute Shosho noch lange nicht und müssen, ja: dürfen deshalb gar nicht so bemuskelt sein wie ein Grand-Prix-Pferd. Sie sollen deshalb ruhig schlaksig aussehen.
In der Fütterungslehre gilt ein Pferd ab drei Jahren als adult, also erwachsen.
„Für den gesamten Bewegungsapparat ist es immer gesünder, wenn Pferde in der Ausbildung idealgewichtig und schlank sind. Wurden sie in jungen Jahren zu fett gefüttert, waren sie für ihre Gelenke schon zu früh zu schwer“, sagt Kathrin Irgang. Sie legt deshalb großen Wert darauf, Pferde beim Anreiten und in der Grundausbildung bedarfsgerecht zu füttern.
Goldene Heuregel: Mindestens 1,7 Kilogramm, besser zwei Kilogramm Heu pro 100 Kilogramm Pferdegewicht.
„Forscher in den USA fanden heraus, dass eingedeckte Pferde acht Prozent weniger Heu fressen als Pferde ohne Decke. Das ist aber kein Grund, weniger Heu zu füttern! Denn im Winter steigt der Energiebedarf beim Pferd um zehn Prozent, was den Heu-Spar-Effekt durch die Decke aufwiegt“
Heu hat gerade im Winter, wenn bei Sportpferden der Alltag oft zwischen Box und Reithalle abläuft, viele Vorteile für Kopf und Körper. Irgang zählt auf: „Es bietet Pferden Beschäftigung, befriedigt ihr Kaubedürfnis, fördert den Zahnabrieb und die Durchfeuchtung des Futters, puffert Magensäure, sorgt für guten pH-Wert im Dünndarm und stabilisiert das Milieu im gesamten Verdauungskanal.“
Im Winter ist die durch Heu ausgelöste Fermentation im Dickdarm die Hauptenergiequelle, denn Heu füttert die Darmbakterien und heizt dem Darm ein. Diese Wärme spürt das Pferd zwar nicht, aber sie wird in den Gesamt-Energiehaushalt eingespeist, der im Winter für die Thermoregulation mehr Energie aufwenden muss, um Körpertemperatur und -funktionen stabil zu halten.
Während Heu für viele Freizeitpferde im Winter als Energiequelle reicht aufgrund meist reduzierten Trainings, brauchen Sportpferde rund ums Jahr zusätzlich Kraftfutter zur Ergänzung der Grobfutterbasis. „Allerdings muss man sich auch bei Sportpferden anschauen, wie groß Leistung und Beanspruchung überhaupt sind, denn das überschätzen viele Reiter“, sagt Kathrin Irgang.
„Ich frage immer: Galoppiert Ihr Pferd denn auch mal zwei Lieder am Stück durch, während in der Reithalle das Radio läuft? Alles darunter ist noch keine Leistung fürs Pferd, wenn man allein den Futterbedarf betrachtet. Wenn ein junges Sportpferd eine Stunde lang gearbeitet wird, sollten 20 bis 30 Minuten Schritt dabei sein, zehn bis 15 Minuten Trab, und es wird auch ein paarmal galoppiert“, so Irgang. „Dafür reichen ein bis zwei Kilo Kraftfutter pro Tag aus.“
Wichtig ist, mit dem Kraftfutter den Proteinbedarf zu decken bei hoher Verdaulichkeit. Kathrin Irgang bevorzugt deshalb Hafer, den Klassiker im Pferdetrog. „Wer Mais und Gerste füttern möchte, bitte nur hydrothermisch aufgeschlossen als Flocken.“ Beim Hafer kann mechanisches Quetschen die Verdaulichkeit fördern, das muss aber nicht standardmäßig sein, sofern das Pferd keine Zahnprobleme hat.
Wenn Hafer gequetscht wird, bitte immer frisch füttern; also höchstens einen Tag liegen lassen.
Irgang empfiehlt dafür den simplen Spatzen-Check: „Schauen Sie sich an, ob im Pferdekot noch viele ganze Haferkörner stecken. Und achten Sie zusätzlich darauf, ob es im Stall viele Vögel gibt, erkennbar an mit Vogelkot verschmutzten Tränken, Trögen oder Boxenwänden. Das ist meist ein Alarmzeichen, dass Sie mit dem Hafer eher die Spatzen füttern als das Pferd.“
Erst dann ist es auch sinnvoll, den Hafer zu quetschen. Wenn Hafer gequetscht wird, immer frisch füttern; also höchstens einen Tag liegenlassen. Das gilt auch im Winter, obwohl die Gefahr des Verderbs bei Kälte nicht so groß ist wie in warmen Monaten.
Was brauchen Pferde im Winter noch zusätzlich für eine gute Nährstoffbalance, die gegen Erkältungen, Infekte und Entzündungen schützt? An erster Stelle nennt Kathrin Irgang die fettlöslichen Vitamine A (für den Epithelschutz der Schleimhäute und somit die Immunabwehr) und E (als Antioxidans und Zellschutz vor allem bei entzündlichen Prozessen).
„Die Zufütterung der fettlöslichen Vitamine A, D und E ist im Winter wichtig, weil deren natürlicher Gehalt im Heu durch die Lagerung abnimmt und dem Pferd im Winter kein Gras zur Verfügung steht.“
B-Vitamine (B5 = Pantothensäure, B6 und B9 = Folsäure) sind nach neuesten Erkenntnissen der Pferdefütterungsforscher ebenfalls wichtig für ein stabiles Immunsystem, weil sie in enzymatisch gesteuerten Stoffwechselprozessen bei der Zellabwehr und der Regeneration ihre Rollen spielen. Da B-Vitamine wasserlöslich sind, kann das Pferd sie nicht speichern, sondern synthetisiert sie im Darm. Ein gezielter Zusatz über das Futter kann Defizite verhindern oder auffüllen.
Im Winter rät Futterexpertin Kathrin Irgang, die Versorgung mit den Spurenelementen Kupfer, Zink und Selen für eine funktionierende Infektvorbeugung und Entgiftung zu kontrollieren. „Sinnvoll ist es allerdings gerade bei den Spurenelementen, aber auch bei den fettlöslichen Vitaminen, die sich im Pferd anreichern, nicht aus zu vielen Quellen alle möglichen Vitamine, Mengen- und Spurenelemente ins Pferd zu bringen“, sagt Kathrin Irgang.
„Man muss genau schauen, was welches Zusatzfuttermittel bereits mitbringt und was das jeweilige Pferd überhaupt braucht. Gerade bei Vitamin A und D oder bei Selen wird die Dosis sonst schnell zu hoch. Und bei einer dreifachen Überdosierung solcher an sich leistungsrelevanter Nährstoffe stellt ein Sportpferd seine Leistung eher ein, als dass es mehr bringt.“
Vitamin, Mengen- und Spurenelemente bitte nicht aus zu vielen Quellen ins Pferd bringen!
Bei Shosho im Dressurzentrum Aubenhausen stehen daher nicht zig Dosen und Eimer mit Zusatzfutter in der Futterkammer, sondern ein nutriologisches Mikronährstoff-Kombiprodukt.
Dass wir unsere Pferde über Obst und Gemüse nutriologisch gesund über den Winter bekommen, ist eher im Reich der Mythen und Märchen anzusiedeln. „Äpfel, Karotten und anderes Saftfutter sind völlig in Ordnung, wenn man nicht mehr als 0,5 bis ein Kilogramm pro Warmblutpferd und Tag füttert. Es ist toll fürs Pferd, weil im Trog etwas poltert, und es enthält Pektin, das ist in Maßen gut für den Darm.“
Andere leckere Modefutter wie etwa getrocknete Hagebutten sind für Dr. Irgang eher eine Belohnung, aber kein Booster, um zum Beispiel Vitamin C in ein Pferd zu bringen, das 500 Kilo wiegt. „100 Gramm Hagebutten enthalten 0,5 bis ein Gramm Vitamin C. Ob das was nützt… Jedenfalls ist es als Leckerli aus der Hand gefüttert gesünder als Brot.“
Heu
(lose vom Boden vorgelegt, Box ist satt mit Stroh eingestreut)
3 Kilogramm morgens
3 Kilogramm mittags
6 Kilogramm abends
Hafer, ungequetscht
(aktuell reduziert, weil Shosho im Training etwas flegelig wurde)
750 Gramm (3x täglich 500 Milliliter, halbe Futterschippe, Litergewicht Hafer: 0,5 Kilogramm pro Liter)
Mash
200 Gramm abends mit lauwarmem Wasser angerührt
temporär: individuelle Hustenkräutermischung (Thymian etc.), da Shosho bei anstrengendem Training etwas schwerer atmet.
Saftfutter
5 Karotten mit 30 Milliliter Leinöl
Mikronährstoffkonzentrat
3 Messlöffel (75 Gramm)
Dr. Bianca C. Schwarz, DipECEI, ist europaweit renommierte Pferdeinternistin und unsere Shoshologisch-Expertin für alle inneren Erkrankungen von Atemwegen bis Zwerchfell sowie für allgemeine gesundheitliche Themen. Symptome erkennen, Parameter richtig deuten und dabei kleinste Details zu ermitteln, ist für sie akribische Detektivarbeit in der differenzierten Diagnostik und kompetenten Befundung medizinischer Probleme. Dr. Schwarz berät Pferdebesitzer und Ärztekollegen, erstellt Gutachten und hält Vorträge. www.pferdeinternist.de
Die Veterinär-Physiotherapeutin behandelt Shosho und ihre Sportpferdefreunde in Aubenhausen nicht nur körperlich, sie hilft ihnen mit Verladetraining auch, gelassen in den Hänger zu gehen. An der Aberystwyth-University legte sie den Bachelor in Equine Sciences ab, an der Middlesex University den Master in Veterinary Physiotherapy. Seit 2014 ist sie selbstständig tätig: www.pauline-nachbauer.com
Die Dressurreiterin, Mutter von Jessica und Benjamin Werndl, prägt mit ihrer positiven Ausstrahlung die Atmosphäre in Aubenhausen. Aus ihrer Liebe zu Pferden und zum Yoga gründete sie die Yoga-Schule www.self-ish.de und coacht Spitzenreiter auf dem Weg zur Harmonie mit ihren Pferden. Außerdem engagiert sie sich im Deutschen Kuratorium für Therapeutisches Reiten DKThR e.V. und ermöglicht behinderten Menschen Reitunterricht.
Der Pferdezahnspezialist ist Tierarzt mit Zusatzbezeichnung und Weiterbildungsermächtigung Zahnheilkunde, außerdem Equine Veterinary Dentist (SVA). Er betreibt eine Tierärztliche Gemeinschaftspraxis im bayerischen Warngau mit Dentalzentrum in Lenggries, betreut alle Pferde im Dressurzentrum Aubenhausen und ist Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Tierzahnheilkunde. www.herold-simon.de
Dr. Gabriele Alber ist Agrarwissenschaftlerin und seit Januar 2019 stolze Besitzerin von Hannoveranerstute Shosho (MV: Riccione, V: Sir Donnerhall). Sie gab der Stute den Namen Shosholoza (südafrikanisch „Aufbruch“). Neben Shosho gehört noch der 1997 geborene Wallach David zur Pferdefamilie. Gabriele Alber wuchs mit Pferden auf und ritt Dressur bis Klasse S. 1998 gründete sie die Manufaktur navalis® nutraceuticals, die sie bis 2021 führte. Heute ist sie selbstständig beratend im Bereich Pferdeernährung und Produktentwicklung tätig.
Benjamin Werndl ist Head Coach von Shosho und leitet das Dressurzentrum „HOME of the DRESSAGE HORSE“ im bayerischen Aubenhausen mit seiner Schwester Jessica von Bredow-Werndl. Der Träger des Goldenen Reitabzeichens zählt zu den Top Ten der Dressur-Weltrangliste und zum deutschen Olympiakader. Mit neun Jahren bekam Benjamin Werndl www.benjamin-aubenhausen.de sein erstes Pony und wollte erst Springreiter oder Skirennfahrer werden, bevor er 2002 als Vize-Europameister und Deutscher Meister der Jungen Reiter seine Dressurkarriere startete.
Eilika Böye trainiert die Stute Shosho täglich und gehört seit Juli 2019 zum Team Aubenhausen www.aubenhausen.de, wo sie sich vor allem um die Dressurausbildung der jungen Pferde kümmert. Die Pferdewirtin Schwerpunkt Reiten, ausgezeichnet mit der Stensbeck-Plakette, war auch im Springen bis Klasse S und in der Vielseitigkeit bis CIC* erfolgreich und als Bereiterin unter anderem auf dem Hof Kasselmann tätig.
Yvonne Baumgärtner kümmert sich ganzheitlich um Shosho von der täglichen Pflege über Erziehungsfragen bis hin zum Füttern morgens, mittags und abends. Seit Dezember 2018 gehört sie zum Team Aubenhausen. Yvonne koordiniert Shoshos Gesundheitsmanagement, wacht darüber, dass es ihr gut geht und kennt ihre Futtervorlieben ebenso wie Shoshos Eigenheiten als Pferdepersönlichkeit.
Dr. Kathrin Irgang berät Pferdebesitzer umfassend in Fütterungsfragen und unterstützt „ShoshoLogisch“ als Expertin. Nach dem Studium der Veterinärmedizin spezialisierte sich die Tierärztin mit Zusatzbezeichnung Ernährungsberatung (Kleintiere) www.tierarzt-ernaehrung.de im Jahr 2000 auf computergestützte Rationsberatung und Diätetik für Pferde. Ihr Leitmotto: „Gut gefüttert heißt noch nicht optimal ernährt.“
Online-Chefredakteurin Christine Felsinger ist studierte Biologin und Journalistin. Sie besitzt zwei Pferde, geboren 1997 und 2022, und verantwortet seit 1998 Fachmedien zum Thema Pferd. Heute als freie Journalistin, Bloggerin und Kommunikatorin tätig, leitete sie viele Jahre das Reitsportmagazin Cavallo, konzipierte unter anderem das Bookazin "ReitKultur", den Ernährungs-Blog www.freundpferd.de und den Pferdegesundheits-Blog „ShoshoLogisch“. In der Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft um das Pferd e.V. www.pferd-forschung.de ist sie Vorstandsmitglied.
Maresa Mader hat ihre Hobbys Pferde, klassische Dressur und Fotografie zum Beruf gemacht www.maresamader.com. Die Diplom-Designerin und Reiterin ist die Kamerafrau bei ShoshoLogisch. Sie fotografiert die Harmonie zwischen Pferd und Reiter seit 2010 mit viel Gefühl und gutem Auge – und freut sich, dass die fotogene und talentierte Stute Shosho ihr als Model so viel Spielraum für Motive und Momente bietet.
Miriam Reichel studierte Jura, hat ein Pferd, dass sie momentan in Klasse M in der Dressur vorstellt und zwei Hunde. Sie leitet zwei Verlage und hat zahlreiche Bücher und Artikel herausgegeben. Nebenbei spricht sie auf Krebskongressen zum Thema Heilung und Ernährung. www.miriam-reichel.com