Gesunde Hufe im Winter: So bleiben Shoshos Füße fit

Zu sehen sind die vier Pferdebein von Hannovernanerstute Shosho, die über einer Reitplatz geht.
Ohne Huf kein Dressurpferd: Shoshos Hufe sind die Basis, damit sie leichtfüßig ihre Lektionen absolvieren kann. Foto: Maresa Mader

Ohne Huf kein Pferd – das klingt logisch. Im Winter sind Reitpferdehufe besonderen Strapazen ausgesetzt und brauchen mehr Pflege für das langsamer wachsende Horn. Was hilft Shosho gegen Strahlfäule und sorgt für gesunde Hufe im Winter?

Im Winter, wenn es kalt wird und die Tage kürzer, tickt die Natur gemächlicher. Das gilt auch für die Hufe unserer Pferde, denn sie gönnen sich von Natur aus ebenfalls eine Art Winterpause. Forscher haben an den Hufen von Wildpferden und domestizierten Pferden gemessen, dass Hufe im Winter langsamer wachsen als im Sommer.

Warum ist das so? Darauf hat Shoshos Hufschmied Andreas, der im bayerischen Dressurzentrum Aubenhausen alle sechs Wochen die Hufe der sechsjährigen Hannoveranerstute frisch beschlägt, eine naheliegende Antwort, die den Stand der Wissenschaft spiegelt: „Der Stoffwechsel ändert sich in der kalten Jahreszeit. Die Außentemperatur sinkt, die Durchblutung geht zurück, Energie und Nährstoffe fließen in Fellproduktion und Thermoregulation, und Pferde bewegen sich weniger.“

Wintertraining fördert das Hornwachstum

Das Weidegras, das alle Stoffwechselvorgänge im Sommer boostert, fällt weg. Das ist auch für die ab November aufgestallten Dressurpferde in Aubenhausen so, die nur ein paar Grashalme knabbern, wenn sie bei gutem Wetter auf die Winterweide gehen. „Allerdings ist der Unterschied zum Sommer bei Shosho und ihren Stallkollegen in Aubenhausen nicht so groß wie in vielen Freizeitställen mit reiner Grasfütterung“, beobachtet Hufschmied Andy.

In Aubenhausen werden die Pferde das ganze Jahr über gleichmäßig hochwertig und ausgewogen ernährt, während viele Freizeitpferde den ganzen Sommer überwiegend von der Koppel leben und im Winter auf Heu-Motor umschalten. Mikronährstoffe im Zusatzfutter gibt es bei ihnen oft nicht, stattdessen Minerallecksteine, deren Verzehr gar nicht richtig kontrolliert werden kann.

Robust gehaltene Freizeitpferde können winters aufgrund ihres dicken Fells und gefrorener oder rutschiger Naturböden nicht so intensiv geritten werden. Sportpferde werden hingegen bei Wind und Wetter wie gewohnt in der Reithalle trainiert und bewegt, damit sie gesund und leistungsbereit bleiben auch über die dunklen und kalten Monate.

Raus auch im Winter: Für Shoshos Hufe ist Bewegung so wichtig wie Sauberkeit und ausgewogene Ernährung. Foto: Maresa Mader

Das gilt auch für Shosho, die sich in ihrer Dressurausbildung für die Saison 2022 weiter auf dem Niveau der Klasse M stabilisieren und Richtung Klasse S entwickeln soll. Damit Shosho im Wintertraining nicht so stark schwitzt, wurde ihr Fell im Oktober erstmals geschoren. Seither trägt sie eine Stalldecke im Kaltstall.

Konstantes Training sorgt für gesundes Hufe im Winter und ist für Sportpferde wie Shosho grundsätzlich von Vorteil. Denn Hufhorn ist keine tote Masse, sondern ein lebendiges Hautanhängsel. Jedes Lebewesen braucht Bewegungsreize, um mental und körperlich fit von Kopf bis Zehe zu bleiben. Bewegung sorgt dafür, dass mehr Blut durch den Körper strömt, und zwar bis in die Huflederhaut. Dort ist die Geburtsstätte neuer Hautzellen, die verhornen und zur Hufkapsel werden. Je häufiger und intensiver sich ein Pferd bewegt, desto besser funktioniert die Durchblutung als Motor für den Stoffwechsel.

Hufheizung schützt Pferde vor Frostschäden

Von Natur aus drosselt der Pferdekörper bei niedrigen Temperaturen die Durchblutung von Beinen und Hufen, um die Versorgung der lebenswichtigen Organe im Körperstamm und im Gehirn zu sichern.

Zudem sorgt ein raffinierter Mechanismus für wohlige Temperaturen an lebenswichtigen Stellen in Beinen und Hufen. Der australische Hufforscher Professor Christopher Pollitt fand ein Frostschutz-Phänomen im Pferdehuf, das auch die Ohrspitzen von Polartieren vorm Erfrieren bewahrt: Eine Blitzheizung in den Huflamellen schießt bei Kälte warmes Blut aus dem Körperinnern zu. Es strömt über direkte Brücken zwischen Arterien und Venen (arteriovenöse Anastomosen, AVA) im Huf, muss sich also nicht durch die feinen Kapillaren zwängen.

Diese Fußheizung drosselt den Zufluss von Nährstoffen in die Kapillaren der Huflederhaut. Auch deshalb sinkt bei Kälte die Zell- und Hornbildungsrate im Pferdehuf, was gesunde Hufe im Winter zunächst gefährdet. So stellte Tierärztin Dr. Bianca Patan während ihrer Doktorarbeit im Jahre 2001 an freilebenden Przewalskipferden fest, dass die Hornbildung im Sommer etwa 7,6 Millimeter pro Monat beträgt, im Winter nur 3,7 Millimeter. Auch bei Reitpferden, ob beschlagen oder barfuß, maßen Wissenschaftler ein im Winter bis auf die Hälfte reduziertes Hufwachstum.

Auch die Tageslänge scheint Einfluss auf das Hufwachstum zu nehmen. Und zwar über das Hypophysenhormon Prolaktin, das die Hornbildung stimuliert. Deshalb haben Pferde in Offenstallhaltung mit natürlicher Lichteinwirkung übers Jahr größere Differenzen im Hufwachstum als Boxenpferde, die wenig vom Tageslicht mitbekommen.

Gut zu wissen

Saisonale Einflüsse auf den Huf

  • Temperatur
  • Tageslichtlänge
  • Bewegungsintensität
  • Nährstoffversorgung


ToDo’s für Top-Winterhufe

  • viel natürliches Tageslicht auch im Winter
  • ausreichend tägliche Bewegung
  • ausgewogene Nährstoffbalance
  • Hufe täglich kontrollieren und säubern

Auch und gerade im Winter, wenn das Horn weniger wächst, müssen wir die Hufe unserer Reitpferde im Auge haben. „Wo nicht viel nachwächst, kann ich zwar nicht so viel wegnehmen“, sagt Shoshos Hufschmied Andy. Er behält trotzdem auch im Winter seinen Sechs-Wochen-Rhythmus bei. „Der passt für 80 Prozent meiner Pferde ganzjährig.“

Feinste Hufkorrekturen beim Dressurpferd

Shosho hat recht zierliche Hufe, die ihr Hufschmied individuell für eine optimale, gesunde Stellung bearbeitet. Foto: Maresa Mader

Denn bei der Hufbearbeitung geht es nicht einfach darum, das nachgewachsene Hufhorn zu kürzen, sondern den Huf regelmäßig fein zu korrigieren an den richtigen Stellen. Speziell bei Dressurpferden wie Shosho ist das essenziell. So behält sie die für sie individuell passende Hufstellung, um leichtfüßig und gelenkschonend durchs Dressurviereck zu tanzen.

„Wichtig ist, dass die Hufstellung individuell zum Pferd passt und nicht einem Bilderbuch-Schema entspricht“, sagt Shoshos Hufschmied Andy. Eine Zauberformel, wie ein Dressurpferd besonders imposante Bewegungen entfaltet, hat er daher nicht. „Es geht einfach darum, den Abrollpunkt zu beachten und den Druck gleichmäßig zu verteilen.“

Deshalb trägt auch Shosho ganz normale kappenlose Hufeisen an den entsprechend ihrer Statur recht zierlichen Hufen. „Shosho beschlage ich mit Größe 3. Ein großes Sportpferd hat 4 bis 5, wobei die Größe je nach Hersteller der Eisen differiert. Bei Shosho benutze ich Werkman-Eisen“, sagt Andy, der der Hannoveranerstute „eine vernünftige Hufqualität“ bescheinigt. „Wie gut die Hufe sind, hängt stark vom Typ und der Rasse ab. Spanier und Haflinger haben meist grundstabile Hufe, bei Vollblütern ist die Hufqualität tendenziell eher schlechter.“

Hufstrahl im Winter täglich säubern

Nicht nur im Winter, sondern das ganze Jahr über bekommt Shosho pro Hufeisen noch zwei Widia-Stifte eingesetzt; das sind kleine Hartmetallstifte, die Rutschen auf Pflaster verhindern, aber die Hufstellung nicht verändern. Stollen trägt Shosho als Dressurpferd auch im Winter nicht.

Wenn die Stute bei Schnee auf die Koppel oder auf den großen Paddock geht, bekommt sie außerdem Schnee-Einlagen, sogenannte Huf-Grips. Sie verhindern, dass Schnee im Hufeisen aufstollt und zu Stolpern führt.

Als weitere Pflegemaßnahmen für gute Winterhufe rät Shoshos Hufschmied zum täglichen gründlichen Kontrollieren und Säubern des Strahls. Und zur peniblen Hygiene des Bodens, auf dem die Pferde stehen: „Wir haben in Aubenhausen das Glück, dass die Stallhygiene top ist. Die Einstreu ist trocken, und die Hufe stehen nicht im Mist. Eine Mischung aus Nässe, Fäulnisbakterien und aggressivem Ammoniak macht das Hufhorn nämlich weich und führt zu Strahlfäule.“

Gut zu wissen

Waschen oder Abspritzen der Hufe im Winter findet der Hufschmied sinnvoll. „Vor allem, wenn im Hallenbelag Magnesium ausgebracht wurde, welches die Haut in der Fesselbeuge reizt, tut das den Pferdebeinen gut.“

Vor einem Pflege-Utensil warnt Andy: Huffett. „Ich bin kein Huffett-Fan, auch wenn das fürs Auge gut ausschaut. Aber Fett versiegelt das Röhrchenhorn. Darunter können sich dann Fäulnisbakterien vermehren.“ Lieber ein hochwertiges Pflanzenöl oder Balsam verwenden, rät Andy, und sei es Olivenöl oder der gute alte Lorbeerbalsam: „Am Kronsaum aufgetragen, kann er helfen, die Hornqualität zu verbessern.“

Zahnpasta legt Hufe trocken

Wenn sich trotz aller Hygiene an der Mittelstrahlfurche erste Anzeichen von Fäulnis zeigen, helfen austrocknende, desinfizierende Hufpflegemittel gegen Bakterien und Pilze. „Alles, was man im Handel bekommt, kann man bedenkenlos probieren“, sagt Andy. Die in Verruf geratenen alten Wunderwaffen Kupfersulfat oder Jodoformäther sind in diesen Mitteln maximal in sicherer Dosierung enthalten.

Auch Zahnpasta als Hausmittel funktioniert für gesunde Hufe im Winter, weil es das Horn ebenfalls austrocknet. Wichtig: vorher mit Mulltupfer die Strahlfurche saubermachen, frischen Mulltupfer mit Pflegemittel tränken, in die Strahlfurche drücken und drinlassen.

Zu guter Letzt trägt die ausgewogene Ernährung des Pferdes grundlegend dazu bei, dass das Pferd stabile und gesunde Hufe im Winter behält. Wobei sich auch hier hartnäckig Anekdoten halten, welcher Mikronährstoff angeblich besonders gut hilft.

Helfen Biotin und Zink dem Hufwachstum?

So hieß es jahrelang, Biotin (Vitamin H) sei das Wunder-Vitamin, das Winterhorn zum Wachsen bringe, wenn man nur genug davon füttert. Dann wieder wurde Zink hoch gelobt. Es verbessert insgesamt den Hautstoffwechsel und kann damit auch der Hufqualität nutzen. Allein auf weiter Flur richtet es jedoch nichts Entscheidendes aus. Schwefel und natürlich auch Aminosäuren gelten als weitere Hufretter.

Prompt ziehen bevorzugt im Winter diverse Kübel und Dosen in Pferdeställen ein, deren Inhalt mangelnde Einstreuhygiene oder fehlende Paddockbefestigung kompensieren soll. Die nüchterne Wahrheit ist wie so oft in der Pferdeernährung: Viel hilft nicht unbedingt viel, und ein einzelnes Vitamin macht selbst in hoher Dosis noch keinen harten Huf. Es kommt auf die clevere Kombi an.

„Wenn das Pferd gesund ist, keinen nachgewiesenen Mangel hat oder Symptome wie brüchige Hufe, dann braucht es auch kein spezielles Huf-Futter. Weder im Winter noch im Sommer.“

Dr. Gabriele Alber, mit Ihrer Dressur-Nachwuchsstute Shosholoza. Foto: Maresa Mader
Dr. Gabriele AlberShoshos Besitzerin Dr. Gabriele Alber ist Agrarwissenschaftlerin.
Futter für die Hufe: Shoshos tägliches Basis-Zusatzfutter zu Heu und Hafer ist das ganze Jahr über navalis orthosal® KOMBI. Das deckt auch den Bedarf an Mikronährstoffen für Hornwachstum und Hufqualität im Winter beim Pferd komplett ab. Foto: Maresa Mader.

Agrarwissenschaftlerin Dr. Gabriele Alber hat ihrer Stute Shosho eine ausgewogene Ration mit dreimal täglich Heu als Basis verordnet, dazu eine der Leistung angepasste Kraftfuttermenge – Shosho frisst je nach Arbeitspensum durchschnittlich ein Kilogramm Hafer täglich. Außerdem erhält sie ein Kombiprodukt mit Mikronährstoffen.

Auch Aubenhausens Hufschmied Andy hat gute Erfahrungen mit einer individuell auf das Pferd abgestimmten, traditionellen Grundfutter- und Kraftfutterration gemacht. Speziellem Huffutter gegenüber ist er skeptisch.

Schmied-Tipp für gesunde Hufe im Winter

„Super Heu und viel Bewegung ist das A und O für die Hufe“, sagt Andy. „Wenig Zucker und Melasse, dafür ein hochwertiges Mineralfutter, das passt schon!“

Zu sehen sind die vier Pferdebein von Hannovernanerstute Shosho, die über einer Reitplatz geht.