Stoffwechsel stärken für Energie und Leber-Entgiftung

Yvonne Baumgärtner im Sattel von Shosho. Die beiden entspannen sich bei einer Schrittrunde draußen.
Nach dem Training gehen wir entspannt bummeln: Ausbilderin Eilika Böye reitet mit mir ins Gelände, damit ich von Kopf bis Fuß regenerieren kann.

Der Stoffwechsel ist unscheinbar. Keiner kann ihn sehen, und doch entscheidet dieses Energie- und Detox-System über Gesundheit und Krankheit unserer Pferde. 365 Tage im Jahr, 24 Stunden am Tag stellt es Energie und Baustoffe bereit. Trennt Wertstoffe von Restmüll, befördert Gift und Abfall aus den Zellen, damit sie ausgeschieden werden können. Klingt logisch. Läuft dieser Stoffwechsel immer fleißig? Und wie können wir den Stoffwechsel stärken?

Während Stute Shosho bei der Arbeit ist, verbrauchen ihre Muskeln und ihr Gehirn den Treibstoff aus gespeicherten Nahrungsvorräten. Wenn sie chillt, startet der Materialnachschub an Stoffen für die Zellregeneration nach dem Training in den Organen und Geweben. Selbst wenn im Aubenhausener Stall friedliche Ruhe einkehrt und Shosho eingeschlafen ist, geht in ihren Körperzellen das Licht nie ganz aus.

Dass ihr Körper dafür Stoffe aus der Nahrung aufnimmt, sie umwandelt, teils für Bauarbeiten nutzt, teils verbrennt, verbraucht und wieder ausscheidet, gehört bei Shosho und jedem anderen Vier- und Zweibeiner zum Wesen des Lebens wie die Fortpflanzung, das Wachstum und die Reizbarkeit.

A und O beim Stoffwechsel stärken: Brennstoff, Bausteine, Hormone

Ebenso naturgegeben wie der Stoffwechsel selbst sind seine drei grundlegenden Brennstofftypen: Kohlenhydrate, Eiweiße, Fette. Sie werden zerhackt, umgebaut, kombiniert, gespeichert, in die Kreisläufe eingespeist, die das Pferd am Leben halten. Enzyme, Hormone, Energielieferanten, Bausteine für dieses und jenes sind das A und O des Stoffwechsels. Sie stehen am Anfang oder am Ende von Prozessen, deren Vielzahl selbst Experten überfordert.

Shoshos Heu staubt nicht und ist frei von Schimmelpilzen. Das ist nicht nur für die Atemwege gesund, sondern auch für den Stoffwechsel. Denn das Aflatoxin aus Schimmelpilzen ist giftig und schädigt die Leber. Foto: Maresa Mader

Geschätzt 50 Billiarden Mal passieren solche Vorgänge in jeder Sekunde, 50 Billionen Zellen sind am Stoffwechsel beteiligt. Eigentlich phänomenal, dass ein so komplexer Vorgang weitestgehend ohne Störfälle läuft, sofern er mit gesunder Nahrung versorgt, durch Bewegung aktiv gehalten und nicht durch Umweltgifte aus dem Gleis geworfen wird.

Mediziner unterscheiden zwei Stoffwechselarten: den Darmstoffwechsel und den Intermediärstoffwechsel außerhalb des Darms. Der Darmstoffwechsel benötigt für einwandfreie Funktionstüchtigkeit Kohlenhydrate (Stärke, Zucker, Rohfaser), Eiweiß (Proteine, Aminosäuren), Fett, Mineralien (Mengen- und Spurenelemente) und Vitamine.

All diese Moleküle durchlaufen spezielle Stoffwechselwege: Zucker wird im Glukosestoffwechsel verarbeitet, Fette im Lipidstoffwechsel, Eiweiß im Proteinstoffwechsel. Kohlenhydrate sind wichtig für die Leistung. Eiweiß ist wichtig für die Regeneration nach der Leistung. Es hilft dem Muskel, den Verlust von Aminosäuren während der Arbeit auszugleichen. Mineralien wirken in Zellen als Schleusenwärter, sind Bausteine von Knochen und Hormonen und werden, ebenso wie Vitamine, auch als Bestandteile von Enzymen gebraucht.

Die Basis: eine gesunde Fütterung

All diese Stoffe sind im Grunde ausreichend vorhanden, wenn ein Pferd gesund gefüttert wird: Es frisst hochwertiges Heu, das durch Kraftfutter und nutriologisch relevante Mikronährstoffe ergänzt wird. Denn Heu stammt von Wiesen, denen oft Selen und Zink, manchmal auch Aminosäuren fehlen. Deshalb ist es wichtig, zum Heu auch Nahrungsergänzungsmittel und (je nach Leistung und Einsatz des Pferdes) eine eiweißreiche Komponente für Muskelstoffwechsel und -aufbau zu füttern.

Muskeln bestehen überwiegend aus Eiweiß (= Proteine), und Proteine sind Ketten von Aminosäuren, die das Pferd nicht alle selbst produzieren kann, sondern teils mit dem Futter aufnehmen muss (essenzielle Aminosäuren Lysin, Methionin, Tryptophan, Leucin, Isoleucin, Phenylalanin, Threonin, Methionin).

Stoffwechsel stärken über die Bewegung

Das Futter, mit dem wir den Stoffwechsel stärken, ist das eine, denn es stellt die Basisbausteine zur Verfügung. Daneben ist körperliche Aktivität lebenswichtig für den Stoffwechsel. Sprich: Unsere Pferde müssen sich ausreichend bewegen, damit der Stoffwechsel auf Trab kommt. Vor allem bei Sportpferden wie Shosho, deren Stoffwechsel Höchstleistung bringen muss, muss dieser Stoffwechsel genauso trainiert werden wie Lektionen, Kraft, Kondition und Konzentration.

Ein Experte dafür war Pferdetierarzt Dr. Karl Blobel, 27 Jahre lang als Mannschaftstierarzt der deutschen Equipen aller Disziplinen für das Wohlbefinden von Hochleistungspferden zuständig. Blobel, der 2012 verstarb, verstand sich als Experte für die Fitness von Sehnen und Knochen sowie als Wächter des Stoffwechsels. Mehr über Karl Blobel hier.

„Der Stoffwechsel soll durch Training auf Touren kommen. In Kombination mit dem Kreislaufsystem hält er den Organismus am Laufen. Blut wird in den Bewegungsapparat gepumpt, Energie bereitgestellt, Abfall entsorgt.“


Dr. Karl Blobel, FEI-Veterinärdelegierter und Mannschaftstierarzt (1934 bis 2012)

Gerade bei Dressurpferden legte Dr. Blobel darauf Augenmerk. Denn ihr Stoffwechsel ist mindestens genauso im Stress wie beim Spring- oder Vielseitigkeitspferd: „Dressurpferde leisten Kraftarbeit, die Energie kostet. Und sie schwitzen stark; auch, weil sie in ungewohnter Umgebung nervlich stark gefordert sind.“

Deshalb braucht ein Dressurpferd mehr Kohlenhydrate, dazu Elektrolyte wie Natrium und Kalium, so Dr. Blobels Empfehlung. Ein Vielseitigkeitspferd dagegen muss nach dem Wettkampf vor allem proteinreiches Heu zur Regeneration der dauerbeanspruchten Muskeln fressen.

Neben der Leistung eines Pferdes wirken sich seine Gene im Stoffwechselgeschehen aus. Deshalb gibt es von Natur aus eher fleißige und eher faule Stoffwechseltypen. Ein temperamentvolles Dressurpferd aus Hochleistungs-Blutlinien wie Shosho, das reaktiv ist und von Natur aus viel Bewegungsdrang zeigt, hat einen muntereren Stoffwechsel als zum Beispiel ein Kleinpferdemix, der eher zu Gemütlichkeit, zu Fettansatz und Stoffwechselstörungen wie Insulinresistenz neigt.

Traben hilft sogar gegen Insulinresistenz

Dass Bewegung grundsätzlich für alle Pferde gesund ist und helfen kann, Stoffwechselstörfällen vorzubeugen, betonen Forscher seit Jahren. Sie haben sogar nachgewiesen, dass ein bestimmtes Maß an Trab die Wohlstandskrankheit und Stoffwechselstörung Insulinresistenz beim Pferd deutlich reduzieren kann.

Weil auch der Stoffwechsel trainiert werden muss, ist regelmäßige Bewegung nach sorgfältigem Aufbauplan vor allem für junge Pferde wie Shosho wichtig. Foto: Maresa Mader

Wie können wir die am Stoffwechsel beteiligten Strukturen und Organe im Pferd durch Schutzmaßnahmen sinnvoll unterstützen oder entlasten? Schauen wir uns zu allererst die Leber an, die als Stoffwechselzentrale des Pferdekörpers rund um die Uhr von Blut durchspült wird.

Dieses Super-Organ der Nährstoffverwertung baut zum Bespiel Eiweißverbindungen zu Harnstoff um und hat die Fähigkeit, Stoffe in wasserlöslichen Abfall zu verwandeln, der leicht ausgeschieden werden kann. Die Leber schwemmt nach dem Zerfall der roten Blutkörperchen deren Reststoffe in die Galle, die von ihr als größter Drüse des Pferdekörpers auch produziert wird und unter anderem wichtig ist für die Fettverdauung.

Außerdem ist die Leber ein riesiges Energiereservoir, das entweder Blutzucker (Glucose) in Form von Glykogen einlagert und daraus bei Energiebedarf in Gehirn, Muskeln und Nerven wieder Glucose freisetzt – oder bei vollen Glykogenspeichern den Blutzucker in Fett umwandelt und speichert.

Klar, dass die Leber bei diesen Aufgaben auch ihr Fett wegbekommt und als körpereigenes Chemielabor im Verdauungs- und Stoffwechselprozess auch mit Störfällen und Altlasten zu tun hat: Beim Entgiften des Körpers reichert sie selbst Stoffe an, etwa bestimmte Schwermetalle.

Geschädigt wird die Leber durch Gift, zum Beispiel Aflatoxin aus Schimmelpilzen, durch Giftpflanzen wie das gelbe Jakobskreuzkraut, das sich auf Pferdeweiden breitmacht, oder auch durch Holzschutzmittel. Gift zerstört Leberzellen, was zu Hepatosen führt. Leberverfettung durch Übergewicht und Bewegungsmangel kann ebenfalls an Leberschäden beim Pferd beteiligt sein.

Was der Leber auf die Sprünge hilft

  • Bitte dem Pferd kein schimmeliges Futter füttern.
  • Kräuter und ätherische Öle bitte immer nur wochenweise als Kur füttern, nicht dauerhaft.
  • Höchstens 500 Gramm Fett oder 0,5 Liter Öl pro Tag füttern.
  • Bei starken Leberschäden auf geringe Eiweißzufuhr achten: Das Ammoniak, das beim Eiweißabbau im Darm entsteht, kann von der kranken Leber nicht verstoffwechselt werden und geht als Nervengift ins Blut.

In Mode sind heute sowohl beim Menschen als auch beim Pferd Detox-Kuren. Sie sollen sowohl den Stoffwechsel stärken als auch die Leber unterstützen. Entschlacken und Entgiften sind die Zauberworte, und diverse Wunder- und Hilfsmittel versprechen, dass Mensch und Pferd beim Detoxen gesünder, fitter, schlanker werden sollen.

Was ist dran? Und: Gilt für Mensch und Pferd dieselbe Detox-Formel? Klar ist: Der Stoffwechsel bei Pferd und Mensch ist nicht identisch, deshalb funktioniert auch die Entlastung unterschiedlich. Beim Menschen ist heute vor allem im Frühjahr die Fasten-Methode im Trend. Deren positive Esspausen-Wirkung auf den Darm und den gesamten Stoffwechsel ist sogar nachgewiesen.

Tagelanges Fasten und vor allem Intervallfasten (acht Stunden lang ist Essen erlaubt, gefolgt von 16 Stunden Esspause) ahmen nach, was unsere Vorfahren als Jäger und Sammler bei der Nahrungssuche Jahrtausende erlebten. Die fanden mal etwas, mal waren sie gezwungen, viele Stunden nichts oder tagelang nur wenig zu essen.

Für den menschlichen Körper ist das Essen mit langen Pausen sogar viel gesünder, als den lieben langen Tag Snacks zu sich zu nehmen – denn das macht krank, erst recht durch den To-go-Trend von Milchkaffee bis Pizza.

Fasten: Gut für Menschen, gefährlich fürs Pferd

Beim Fasten geben wir unserem Körper die Verdauungspause für den Stoffwechsel und für die Autophagie. Darunter versteht man die körpereigene Selbstreinigung, die etwa zwei bis 13 Stunden nach der letzten Nahrungsaufnahme einsetzt. Außerdem leert die Leber des Menschen beim Fasten ihre Energie- und Glykogenspeicher. Das verringert die Menge schädlicher Leberfette und erhöht die Empfindlichkeit für das Stoffwechselhormon Insulin. Weil wir Menschen beim Intervallfasten im Schnitt 350 Kalorien weniger essen, nehmen wir dabei sogar ab. Und zwar drei Kilo Gewichtsverlust in zwölf Wochen, vor allem Fett statt Muskeln, dokumentierten Potsdamer Forscher in einer Studie.

Doch Vorsicht: Was beim Menschen Detox-Mode ist und nachweislich die Entgiftungsorgane Leber, Darm und Niere unterstützt, wäre beim geborenen Steppengraser und Dauersnacker Pferd eine gesundheitsschädliche bis lebensgefährliche Rosskur. Denn Fasten zum Entschlacken wäre nicht nur Gift für den Pferdestoffwechsel, sondern auch für den Magen, der beim Pferd nie leerlaufen darf, weil sonst die Magensäure nicht gepuffert wird. Deshalb sollten, anders als beim Menschen, Fresspausen beim Pferd möglichst kurz sein.

Artischocke & Co.: Stoffwechsel stärken mit Kräutern

Kräuter, die den Stoffwechsel stärken und leberschützend wirken, enthalten sekundäre Pflanzenstoffe. Sie helfen als Detox-Kur beim Entgiften und sind bei Pferd und Mensch dieselben: Artischocke (enthält Cynarin) dient der Leberentgiftung und regt den Gallefluss an. Sylimarin, ein in der Mariendistel aktiver Wirkstoff, wird stabilisierend auf die Leberzellmembranen, außerdem antioxidativ und antifibrotisch.

Beide Kräuter sind – kombiniert mit weiteren speziell auf den Leberstoffwechsel abgestimmten Mikronährstoffen und pelletiert – in nutriologischen Komplexprodukten für Pferde enthalten. Wichtig wie bei allen hochwirksamen Kräuterprodukten: bitte nicht permanent füttern, sondern kurweise zur Therapie oder in Belastungsphasen.

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