Yoga für Reiter – Übungen für Harmonie mit dem Pferd

Mit der Matte im Grünen: Yoga-Ausbilderin Micaela Werndl gibt Shoshos Besitzerin Gabriele Alber Hilfestellung bei den Frischluft-Übungen auf der Wiese. Foto: Maresa Mader

Schon der berühmte griechische Reitoberst Xenophon verfasste 350 vor Christus seine Reitlehre „Ross und Reiter“, und seine Grundsätze gelten noch heute. Xenophons Methoden fußten auf Intuition, Güte und Mitgefühl gegenüber dem Pferd. All das sind Werte, die wir auch im Yoga erarbeiten.

Wir lernen Dinge anzunehmen statt abzulehnen, andere Lebewesen nicht zu unterwerfen und genau hinzuhören – auf uns, unseren Atem und unseren Körper wie auch auf den unseres Partners Pferd. Annehmen und Loslassen, das sind in der Reiterei und beim Yoga für Reiter die Grundprinzipien der vertrauensvollen, feinen Kommunikation.

Aufwärmen im Sonnegruß: Der Yoga-Klassiker besteht aus zwölf Positionen, hier die Ausgangsposition „Hände vorm Herz“. Foto: Maresa Mader

Und sowohl Reiten als auch Yoga sind mehr als nur Sport. Ein Pferd um sich zu haben, es zu putzen, mit ihm spazieren zu gehen oder seine Mähne einzuflechten, ist Passion; genau wie Yoga nicht nur eine Bewegungsart ist, sondern eine Lebensphilosophie; ein ganzheitliches System der Entwicklung von Körper, Geist und Seele.

Um Ganzheitlichkeit geht es im Dressurzentrum Aubenhausen und bei der Ausbildung von Dressurpferden wie Shosho jeden Tag. Daher fehlt auch Yoga nicht, denn die klassische Reitpferdeausbildung lehrt das Pferd Gleichgewicht, Beweglichkeit, Durchlässigkeit und Konzentration. Yoga wiederum lehrt den Reiter, sich genau diese Qualitäten anzueignen und sie unseren Pferden beizubringen.

Über Yoga verbinden wir uns mit dem Pferd

Gemeinsam können wir uns über die Verbindung von Reit- und Yogaausbildung also besser weiterentwickeln, lernen ein Leben lang und werden zu einer Einheit: Wir können uns verbinden mit unserem Pferd. Yoga für Reiter hilft uns, Harmonie zwischen unserem Körper und Geist zu finden. Es nimmt uns mit auf eine Reise, die uns stärker, ruhiger, gesünder und glücklicher macht. Wir verbinden uns mit unserem Atem, unserer Bewegung und schulen unsere Wahrnehmung unseres Körpers. Dadurch können wir unsere Bewegungen bewusster ausüben und auch unsere Pferde besser wahrnehmen.

Bija Bennett, international renommierte Beraterin für die Gesundheit von Körper und Geist, sagt: „Das Atmen ist eines der größten Geheimnisse des Yoga. Wenn Sie üben, setzt es emotionale Kräfte frei, die über Ihre Vorstellungskraft hinausgehen.“

Bitte ausatmen: volle Vorbeuge im Sonnengruß. Foto: Maresa Mader

Das macht sich auch Micaela Werndl zunutze, die Mutter der beiden Top-Ausbilder Jessica von Bredow-Werndl und Benjamin Werndl, die im Dressurzentrum Aubenhausen Yoga-Asanas anbietet – sowohl für die Bereiter des Teams Aubenhausen als auch für externe Gäste.

Dr. Gariele Alber, die ihre Stute Shosho in Aubenhausen ausbilden lässt, nimmt ebenfalls Yoga-Stunden bei Micaela – und bereitet sich so auf den Reitunterricht vor, den sie bei ihren nahezu wöchentlichen Besuchen in Aubenhausen von Benjamin Werndl oder Eilika Böye auf Shosho bekommt.

„Yoga und bewusstes Atmen lassen deine Hilfen feiner werden und entwickeln eine noch tiefere Verbindung zu deinem Pferd“

Micaela WerndlYogaausbilderin im Dressurzentrum Aubenhausen

Micaela Werndl zielt beim Yoga für Reiter auf Harmonie, denn wer mit dem Pferd tanzen will, muss in der Lage sein, den Takt zu spüren und seinen Körper zu beherrschen.

Yoga schult die Wahrnehmung für den Sitz

Yoga schult unsere Körperwahrnehmung. Vielleicht kennen Sie das: Sie sehen ein Reitbild oder ein Reitvideo von sich und denken: „Oh, oh, bin das ich? Ich dachte, ich sitze gerade.“ Sie haben eine vollkommen andere Idee von sich selbst, als das Video Ihnen zeigt.

Yoga für Reiter schärft die Wahrnehmung und ermöglicht es uns, uns selbst auf dem Pferd besser zu korrigieren. Es gibt uns die Möglichkeit zu erkennen, wo unser Körper asymmetrisch oder schwach ist oder nicht im Gleichgewicht. Auch lässt es uns verschiedene Bewegungsmuster erkennen. Diese können wir dann auch auf dem Pferd wiederfinden. Das kann eine schiefe Hüftstellung sein, ein stärkeres Bein oder Probleme mit dem Gleichgewicht. Diese Angewohnheiten können wir mit Yoga erkennen, uns schulen und ausgleichen.

Yoga hilft Reitern zu mehr Losgelassenheit

Wir werden geschmeidig, genau das, was wir uns von unseren Pferden wünschen! Yoga verbessert aber nicht nur unsere Körperanspannung und Beweglichkeit, sondern gibt uns auch die Möglichkeit loszulassen und zu entspannen – eine elementare Voraussetzung für gutes Reiten.

Auch mental können wir positive Erfahrungen beim Yoga in den Reitsport integrieren. Wir sind in der Lage, unsere Gedanken besser zu kontrollieren. Dies hat Einfluss auf so viele Situationen beim Reiten; ob es um Angst geht, Nervosität bei einem Turnier, Anspannung, die wir aus unserem Beruf mitgenommen haben oder dem Überreagieren, wenn mal etwas nicht klappt. Wir können Situationen deeskalieren. Mit Yoga lernen wir loszulassen, auch unsere Gedanken.

Diese Yoga-Übungen sind gut für Reiter

Nun wissen Sie, warum Sie Yoga für Reiter machen sollten! Und erfahren hier bei „Shosho & Friends“, welche Übungen Sie stärken und welche Übungen die Dressurausbilder in Aubenhausen anwenden.

Aufwärmen im Sonnegruß: Der Yoga-Klassiker besteht aus zwölf Positionen, hier die Ausgangsposition „Hände vorm Herz“. Foto: Maresa Mader

Um sich aufzuwärmen, sind ein paar Sonnengrüße vorteilhaft. Man sieht die Welt von oben, unten, links und rechts. Ein Perspektivenwechsel schadet nie. Sobald Sie warm sind, können Sie einsteigen. Micaela Werndl hat sechs Übungen für Sie vorbereitet, die Sie bei Ihrem Sitz im Sattel und einer unabhängigen Hand unterstützen werden.

Wichtig für den Reiter ist eine starke Mitte, also unsere Bauchmuskeln. Dazu sollen die Hüften weich wie Honig sein, eines der wichtigsten Ziele ist die gute Balance auf dem Pferd. Da wir dafür genau wie beim Pferd unsere natürliche Schiefe ausgleichen müssen, führen Sie bitte alle Übungen auf beiden Seiten aus.

Baum und Krieger III: Übungen für mehr Balance

Baum: Diese Übung schult Konzentration und Balance des Reiters. Foto: Maresa Mader

Der Baum (Vrksasana) ist eine einfache Übung, die Sie überall schnell in Ihren Alltag einbauen können. Wird Ihnen die Übungen mit der Zeit zu leicht, schließen Sie einfach Ihre Augen und erhöhen den Schwierigkeitsgrad. Seien Sie tolerant mit sich, denn wir sind nicht jeden Tag gleich. Der Baum öffnet Brustkorb und Hüften, stärkt die Konzentration und schult unser Gleichgewicht.

So geht’s: Stellen Sie Ihre Füße hüftbreit nebeneinander, sodass die Innenkanten parallel ausgerichtet sind. Nehmen Sie die Schultern zurück und öffnen den Brustkorb. Verlagern Sie Ihr Gewicht auf den rechten Fuß. Dieser wird Ihr Standbein. Nun können Sie erst einmal Ihr linkes Bein nach oben ziehen und Ihr Knie halten, um einmal die Balance zu üben.

Mit geschlossenen Augen wirkt die Übung noch besser

Für den vollständigen Baum haben Sie drei Möglichkeiten: Sie bringen den linken Fuß an Ihren Knöchel oder unterhalb Ihres Knies oder aber an die Innenseite Ihres rechten Oberschenkels. Bitte nicht gegen das Knie drücken, Verletzungsgefahr! Passen Sie dabei auf, dass Sie Ihr Becken nicht verdrehen und die Hüftknochen auf einer Linie bleiben. Sie können Ihre Hände vor dem Brustkorb zusammenbringen (wie beim Beten) oder nach oben heben und eine Baumkrone simulieren. Wird Ihnen das zu einfach, schließen Sie die Augen.

Krieger III: Ganz schön anspruchsvoll, hier sein Gleichgewicht zu halten. Foto: Maresa Mader

Beim Krieger III (Virabhadrasana 3) trainieren wir stehende Balance. Als Kinder haben wir das oft intuitiv gemacht, wenn wir ein Flugzeug imitieren wollten. Am besten beginnt man aus dem herabschauenden Hund, streckt sein rechtes Bein nach hinten aus und schiebt es nach vorne neben die rechte Hand.

Dann richtet man sich auf und nimmt beide Arme nach oben. Sie sind nun in der Haltung des Krieger I. Nehmen Sie Ihre Hände an die Hüften, und beugen Sie den Oberkörper nach vorne. Heben Sie Ihr linkes Bein und strecken es nach hinten aus. Das rechte Bein ist angewinkelt, das linke gestreckt, die Fußspitze zeigt nach unten. Nun strecken Sie beide Arme zur Seite aus. Achten Sie darauf, dass Ihre Hüften auf einem Niveau sind. Wenn Sie wollen, können Sie auch beide Arme nach vorne austrecken.

Das Boot: Starke Mitte auf dem Pferd

Boot: Bei dieser Yoga-Übung trainieren Reiter ihre Bauchmuskeln, auch Mitte oder Mittelpositur genannt. Foto: Maresa Mader

Im Boot (Navasana) kommt der Körper in eine V-Form. Setzen Sie sich auf Ihre Yogamatte, winkeln Sie Ihre Beine an und ziehen diese an Ihren Körper. Legen Sie ihre Hände an Ihre Oberschenkel, knapp unter der Innenseite Ihrer Knie.

Lehnen Sie sich langsam zurück und balancieren Sie sich auf Ihren Sitzbeinhöckern aus. Heben Sie Ihre Füße vom Boden und strecken Sie diese nach vorne, entweder im rechten Winkel zum Knie oder, wenn Sie mehr wollen, strecken Sie ihre Knie durch und Ihre Beine nach oben aus. Ihr Körper beschreibt dann ein V.

Der Stuhl: Dehnt, streckt und belebt

Stuhl: Schultern und Brustmuskeln werden gedehnt, gleichzeitig aktiviert diese Übung die Beinmuskulatur. Foto: Maresa Mader

Für die Position Stuhl (Utkatasana) stellen Sie sich auf Ihre Matte, beugen Sie die Knie, als wollten Sie sich auf einen Stuhl setzen, und strecken die Arme Richtung Himmel. Wenn Sie nach unten schauen, können Sie Ihre Zehen noch sehen. Ihr Becken bleibt neutral. Ihre Arme sind auf Ohrenhöhe, und Sie entspannen Ihre Schultern.

Die Taube: Hüften wie Honig

Taube: Bei dieser intensiven Yoga-Übung, welche die Hüfte öffnet, ist anfangs die Korrektur einer Trainerin hilfreich. Foto: Maresa Mader

Die Taube (Rajakapotasana) ist nicht ganz einfach. Am besten starten Sie im herabschauenden Hund und strecken mit der Einatmung Ihr linkes Bein nach hinten oben aus. Während Sie ausatmen, führen Sie es unter Ihrem Körper nach vorne und legen es ab. Das Knie zur rechten Hand, der Fuß zur linken Hand.

Je paralleler Ihr Schienbein zur kurzen Mattenseite ist, umso intensiver wird die Übung. Das hintere Bein soll gerade ausgerichtet bleiben. Kommen Sie auf Ihre Fingerspitzen. Sollte Ihre rechte Gesäßhälfte zu weit von der Matte entfernt sein, können Sie ein kleines Kissen oder eine Decke in die Seite stopfen. Sie können als Variante Ihren Kopf auf der Matte ablegen.

Die Hocke: Mobilität für Schulter, Brust und Becken

Die Hocke (Malasana) beginnen Sie am besten im Stehen. Füße etwa mattenbreit aufstellen, die Zehen zeigen leicht nach außen. Atmen Sie aus und beugen Ihre Knie, bis Sie in einer tiefen Hocke sitzen. Nun die Hände vor die Brust in Gebetsform zusammenbringen und gleichzeitig Ihre Beine weiter auseinanderschieben, indem Sie mit den Ellenbogen gegen Ihre inneren Knie drücken.


Achten Sie darauf, dass Ihr Rücken gerade bleibt und Ihr Kopf in Verlängerung zur Wirbelsäule steht.

Die Schulterbrücke: Kraft für Rücken, Beine und Po

Schulterbrücke: Mit dieser Übung kräftigen Sie sich von den Schultern bis zu den Fersen fürs Reiten. Foto: Maresa Mader

Für die Schulterbrücke, auch Bridge Pose oder Setu Bandha Sarvangsasana, legen Sie sich auf dem Rücken auf Ihre Matte. Winkeln Sie Ihre Knie an, und stellen Sie Ihre Fersen so nah wie möglich an Ihr Becken. Die Fußaußenkanten sind parallel. Heben Sie Ihr Becken an, greifen Sie Ihre Fußgelenke. Heben Sie Ihr gesamtes Becken, so hoch Sie können. Drücken Sie Ihre Fersen fest in den Boden; wenn Sie möchten, können Sie anschließend auf die Zehenspitzen gehen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert