Zecken sind für Pferde gefährlich

Zecke am Pferd: Das Weibchen der Schildzecke (Ixodes ricinus) ist braun und drei bis vier Millimeter lang. Im vollgesogenen Zustand wird es prall und grau.
Zecke am Pferd: Das Weibchen der Schildzecke (Ixodes ricinus) ist braun und drei bis vier Millimeter lang. Im vollgesogenen Zustand wird es prall und grau. Foto: privat

Zecken sind für Pferde gefährlich, weil sie diverse Krankheiten übertragen. Diese werden durch Krankheitserreger verursacht, die sich in den Zecken vermehren und beim Zeckenstich ins Pferdeblut gelangen. Klingt logisch – aber welche Krankheiten sind besonders gefährlich, und welche Pferde haben ein hohes Risiko?

Die erste Überraschung gleich vorweg: Was Reiter am meisten fürchten und wovor auch einige Tierärzte jedes Jahr von neuem irrtümlich warnen, ist für Pferde nicht in dem Ausmaß gefährlich wie für uns Menschen, weiß Shoshologisch-Expertin Dr. Bianca C. Schwarz, die als Pferdeinternistin praktiziert, berät, Vorträge hält und Gutachten erstellt. Als Fachfrau für innere Medizin hat sie auch mit Diagnosen von Krankheitserregern im Blut und mit den Folgen von Zeckenstichen zu tun.

„Zecken sind für Pferde gefährlich, definitiv“, sagt Dr. Schwarz. „Aber die für Menschen bedrohliche Borreliose, die von Bakterien namens Borrelien ausgelöst wird, ist für das Pferd nicht die größte Gefahr, die von Zecken ausgeht.“

FSME ist für Pferde keine große Gefahr

Auch die FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis), gegen die Menschen sich impfen lassen sollten, wenn sie wie Reiter viel in der Natur unterwegs sind, ist für Pferde kein allzu großes Risiko laut Dr. Schwarz.

„Was bei uns in Deutschland relativ häufig vorkommt, ist die Anaplasmose, welche durch das Bakterium Anaplasma phagocytophilum verursacht wird“

Dr. Bianca C. SchwarzPferdeinternistin, DipECEIM

„Anaplasmose geht mit hohem Fieber, Appetitlosigkeit, Mattigkeit, Ödemen, also Wasseransammlung im Gewebe, und Ikterus, gelb verfärbten Schleimhäuten, einher.“ Oft kommt es auch zu Anämie und einem Absinken der Blutplättchen, was zu Problemen mit Blutgerinnung führt.

Auch schwere Verläufe mit zum Beispiel neurologischen Symptomen oder einer Myopathie können bei Pferden auftreten, die sich über einen Zeckenstich mit Anaplasmose infiziert haben. Weil es sich um ein intrazelluläres Bakterium handelt – das heißt, das Bakterium lebt in Blutzellen –, müssen spezielle Antibiotika verwendet werden, um es zu bekämpfen.

Wichtig ist deshalb der Nachweis der Bakterien, welcher mittels molekularbiologischer Untersuchungsmethoden (PCR-Test) aus dem Pferdeblut erfolgt. Auch mikroskopisch sind die Erreger in den Blutzellen sichtbar.

Für Pferde gefährlich: Zeckenrisiko Piroplasmose

Neben der Anaplasmose tritt die Piroplasmose auf, die von den einzelligen Protozoen Babesia caballi und Theileria equi – gerne auch als „Blutparasiten“ bezeichnet –, verursacht wird. „Diese Erreger treten inzwischen auch vermehrt in Mitteleuropa auf“, sagt Dr. Schwarz. Bei der Piroplasmose kommt es nicht nur zu akuten Krankheitsbildern mit Fieber und hämolytischer Anämie (Blutarmut, weil rote Blutzellen zerstört sind), sondern auch zu Symptomen wie Leistungsschwäche, wenn Pferde chronisch infiziert sind.

Weil chronisch infizierte Pferde nicht nur selbst gefährdet sind, sondern ein Reservoir für die Erreger bieten, spielen sie eine wesentliche Rolle für die Verbreitung der Piroplasmose und sind somit ein Risiko auch für andere Pferde.

Vom Turnier reist der Erreger mit nachhause

Somit können auch der Import infizierter Pferde etwa aus Spanien und Auslandsreisen zu Turnieren beitragen, die Piroplasmose-Erreger nach Deutschland zu bringen.

Autochthone Infektionen in Deutschland sind bereits bekannt, in einigen Fällen haben sich Pferde also durch Zeckenbisse innerhalb Deutschlands angesteckt. Diagnostiziert wird die Infektion über den Nachweis von Antikörpern im Blut oder mittels molekularbiologischer Nachweisverfahren (PCR). Therapiert wird medikamentös mit dem Ziel, akut erkrankte Pferde zu stabilisieren und wenn irgend möglich alle Blutparasiten abzutöten. Die Erreger komplett aus dem Körper zu eliminieren, kann jedoch schwierig werden.

Zecken sind für Pferde gefährlich – aber anders, als wir bisher gedacht haben. Kommen wir noch einmal auf die eingangs erwähnte Borreliose zurück. „Wir gehen derzeit davon aus, dass Borrelien-Erkrankungen bei Pferden auftreten können“, sagt Bianca Schwarz. „Aber damit zu rechnen ist nur in wenigen Fällen.“

Hinweise liefert der serologische Nachweis von Antikörpern einschließlich C6-Peptid-Test, dieser kann jedoch nicht eine gründliche Diagnostik ersetzen, die unter anderem Differentialdiagnosen ausschließt. Der Tierarzt vergleicht dabei das serologische Testergebnis immer mit den klinischen Symptomen und prüft auch, ob das Pferd überhaupt Zecken ausgesetzt sein konnte.

„Wir gehen derzeit davon aus, dass Borreliose beim Pferd massiv überdiagnostiziert wird“

Dr. Bianca C. SchwarzPferdeinternistin, DipECEIM

Auch FSME spielt beim Pferd eine untergeordnete Rolle. Ausgelöst wird sie durch ein Flavivirus, das FSME oder auch TBEV genannt wird, welches ebenfalls von Zecken übertragen wird. Beschrieben wurden bislang nur Einzelfälle, in denen Pferde eine nicht-eitrige Meningoencephalitis (Gehirn- und Gehirnhautentzündung) mit neurologischen Symptomen wie Gleichgewichtsstörungen (Ataxie) zeigten.

Zecken sind für Pferde gefährlich – aber wer ist besonders betroffen? Grundsätzlich jedes Pferd, welches sich außerhalb seines Stallgebäudes bewegt und mit Grünzeug in Berührung kommt. Weil Grasen und Bewegen an der frischen Luft im Sinne des Tierschutzes für jedes Pferd wichtig ist, ist also potenziell jedes Pferd gefährdet, von einer Zecke gestochen (nicht: gebissen!) zu werden. Die häufigste europäische Zecke ist die Schildzecke (Ixodes ricinus), die zu den Milben zählt.

Für Pferde gefährlich: Zecken im Gras und Busch

Über diese Schildzecke kann sich also jedes Pferd mit Bakterien oder Viren aus dem Zeckenkörper anstecken, denn Zecken sitzen im Gras und in Büschen und sind vom frühen Frühjahr bis weit in den späten Herbst aktiv. Sie durchlaufen verschiedene Stadien von der Larve über die Nymphe bis zur erwachsenen Zecke und warten in der Natur auf Nahrung, die sie im Blut von Wirtstieren finden. Dafür nehmen sie alles, von Maus über Mensch bis Pferd.

Erste Hilfe bei Zeckenstich

Wichtig ist es, die Zecke innerhalb der ersten 24 Stunden nach dem Stich zu entfernen – mit einer Zeckenschlinge oder Zeckenzange vorsichtig herausziehen, ohne die Zecke zu zerquetschen. Dann ist das Risiko, dass die Zecke über den Speichel Krankheitserreger ins Pferdeblut spuckt, gering.

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