Du schiebst die Tür zu Shoshos Box auf – und riechst erst einmal leckeres duftendes Heu. Logisch, dass dieses Heu für unser Sportpferd Top-Qualität haben muss. Doch wie kommt gutes Heu von der Wiese ins Pferd?
Dieser Weg ist jedes Jahr ein bisschen anders. Auch die Heu-Experten im bayerischen Aubenhausen müssen dafür auf den Himmel schauen. Und auf ihre Pferde, die das Heu fressen sollen. Denn Heuqualität und-ernte hängen vom Wetter ab und fallen je nach Region unterschiedlich aus. Je nachdem, ob es zur Hauptwachstumszeit des Grases im Frühjahr kühl, warm, nass oder trocken ist, sprießt das Gras üppiger oder spärlich.
Hat sich der erste Aufwuchs dank idealem Wettermix aus Regen, Wärme und Sonne gut entwickelt, wird das Gras während einer stabilen Trockenperiode im Mai und Juni gemäht. Und zwar entweder Anfang bis Mitte der Grasblüte oder am Ende der Blüte; je nachdem, ob das Gras viel oder wenig Energie zusätzlich zum für Pferde so wichtigen Rohfasergehalt liefern soll.
Ist das Frühjahr kühl und trocken, kann der erste Aufwuchs auch mal vier Wochen länger benötigen. Und einige Landwirte machen Heu unabhängig vom Wetter generell erst Mitte/Ende Juni. Dann ist der Nährwert niedriger, das passt gut für die heute meist leichtfuttrigen Pferde.
Bei Shosho in Bayern war das Frühjahr 2021 erst ziemlich kalt, dafür feucht genug, damit das Gras wachsen konnte. Nach den teils viel zu trockenen Bedingungen der Vorjahre mit schlechter Heuausbeute waren das also ordentliche Startbedingungen für das Heu, das Shosho und ihre Stallkameraden ab der Herbstsaison 2021 gesund durchs nächste Jahr bringen soll. Mitte Juni drehte die Sonne dann auf, und die Landwirte konnten Gas im Gras geben. Überall surrten Mäher durch die Wiesen.
Goldene Regel für gute Heuqualität: Drei Tage muss das gemähte Gras auf der Wiese richtig durchtrocknen.
Die Sonne muss bereits genügend Kraft haben, wenn das Gras gemäht wird. Erst nach mindestens drei Tagen intensiver Sonneneinstrahlung und täglichem Wenden des frisch gemähten Grases kann man es als getrocknetes Heu zu Ballen pressen. Dann raschelt es schön zwischen den Fingern.
Wer früher presst, riskiert, dass die Ballen feucht werden und schimmeln. Von außen kann man das nicht sehen, deshalb messen Heulieferant und Stallteam die Feuchtigkeit im Innern der gepressten Ballen. Mehr als 13 bis 15 Prozent sollte diese nicht betragen, ehe die Heuballen vom Feld ins Lager kommen.
Feucht gepresstes oder feucht gelagertes Heu ist das größte No-Go in der Pferdefütterung. Diese Heuballen werden mit hoher Wahrscheinlichkeit spätestens im Herbst, wenn sie noch einmal nachschwitzen, zum Schimmelparadies. Taucht das Pferd später mit den Nüstern in dieses mit Schimmelsporen und Staub verunreinigte Heu, holt es sich Husten bis hin zu allergisch bedingten, chronisch verlaufenden Atemwegsproblemen. Diese können aber auch andere Ursachen haben.
Je größer die Ballen sind und je stärker das Heu darin verdichtet wird, desto höher das Risiko, dass es mit Mykotoxinen, belastet ist. Mykotoxine sind Gifte, die aus Schimmelpilzen entstehen. Das frisch eingebrachte Heu schwitzt nämlich auf dem Heuboden noch nach, während es zwei Monate reift. Diese Reifungsphase vor dem Füttern ist zwingend notwendig, damit die Pferde keine Kolik bekommen. Wird das Heulager während dieser Reifung nicht ausreichend belüftet, bilden sich Schimmelnester im Heu.
Der zweite Aufwuchs wird im Sommer, etwa sechs bis acht Wochen später, gemäht. Experten achten dabei auf den Mais, der ein guter Indikator für eine üppige Heu-Ernte ist. Sieht man über den Maisfeldern nur noch den Himmel, wächst auch das Gras gut. Kann man noch drüber gucken, ist auch das Gras eher bescheiden gewachsen.
Auch der Zuckergehalt im Gras ist stark vom Wetter abhängig. Scheint zum Beispiel intensiv die Sonne bei wenig Regen, betreibt das Gras viel Photosynthese und produziert hohe Mengen an Kohlenhydraten. Weil es diese mangels Wasser nicht in Wachstum umsetzen kann, speichert es Reserve-Zucker in Form von Fruktanen. Sie bleiben auch im Heu erhalten und sind für Pferde mit Neigung zu Hufrehe gefährlich.
Da besonders viele Fruktane im unteren Teil der Graspflanze stecken, hängt der Fruktangehalt im späteren Heu auch von der Schnitthöhe ab. Wer das Mähwerk beim Mähen auf acht Zentimeter erhöht, vermeidet Erde im Heu und kann zudem dessen Fruktangehalt senken.
Heu puffert die Magensäure, sorgt für einen guten pH-Wert im Dünndarm und stabilisiert das Milieu im gesamten Verdauungskanal.
Ebenso wie ihre Stallkollegen im Dressurzentrum Aubenhausen futtert auch Shosho ihr Heu lose vom Boden ihrer Box. Aus Sicht der Fütterungsexperten und Verhaltensbiologen ist dieses Anbieten des Grobfutters vom Boden besonders artgerecht und natürlich. Schließlich grasten Shoshos Wildpferde-Vorfahren in freier Natur ebenfalls am Boden. Und bei Weidepferden können wir beobachten, wie sie beim Fressen mit gesenktem Kopf gemächlich über die Koppel schlendern.
Auch das Reitpferd profitiert davon, dass sich seine Oberlinie beim Heufressen vom Boden dehnt. Statt ungesund ins Hohlkreuz gehen zu müssen, wie man es früher bei zu hoch angebrachten Raufen in Ständern und Boxen sah und manchmal immer noch beim Fressen aus zu hoch aufgehängten Heunetzen beobachten kann.
Heu vom Boden zu füttern, setzt natürlich voraus, dass die Boxeneinstreu möglichst sauber bleibt. Bei Shosho besteht sie aus ganz normalem Langstroh von guter Qualität. Wichtig ist auch, dass Shosho möglichst wenig Gelegenheit hat, große Heumengen nach gestilltem Appetit einfach nur in der Box zu verteilen.
Das wird in Aubenhausen so gut wie möglich ausgeschlossen: Das Heu wird statt zweimal, dreimal am Tag vorgelegt. So kann Shosho ihre Heuportionen in überschaubarer Zeit auffressen. Trotzdem ist gewährleistet, dass der Magen nicht leerläuft und die Stute Beschäftigung hat.
Wie viel Heu ein Sportpferd wie Shosho fressen soll, wird immer wieder diskutiert. Die Faustregel dafür nennt Fütterungsexpertin Dr. Kathrin Irgang: „Mindestens 1,7 Kilo, besser zwei Kilo Heu pro 100 Kilo Pferd für Pferde ohne Weidegang.“ Im Winter steigt der Energiebedarf der Pferde um zehn Prozent. „Ein 500 Kilo schweres Pferd, das zehn Kilo Heu pro Tag frisst, braucht im Winter also ein Kilo Heu mehr.“
Shoshos Ration für die kalte Jahreszeit: drei Kilogramm Heu morgens, drei Kilogramm mittags, sechs Kilogramm abends. Eine wichtige Grundvoraussetzung dafür, Heu in dieser Menge in der Box zu füttern, ist wiederum dessen einwandfreie Qualität. Würde das Heu stauben und Schimmelpilzsporen in der Box verbreiten, würde Shosho nämlich nicht von der großzügigen Heufütterung profitieren, sondern langfristig unter dicker Luft in ihrem Schlafzimmer leiden.
Shoshos Pflegerin Yvonne Baumgärtner und das Stallteam in Aubenhausen checken routinemäßig, ob das Heu in Ordnung ist. Bei dieser grobsinnlichen Prüfung achten die Aubenhausener auf Folgendes:
Heu ist also aufgrund der Fülle der darin enthaltenen Rohfasern das kostbarste Grundnahrungsmittel für Shosho und ihre Stallkollegen in Aubenhausen. Kombiniert mit Hafer liefert es eine optimale Balance aus Rohfaser, Energie und Proteinen, damit Sportpferde gesunde Leistung bringen können.
Wer auf der sicheren Seite sein möchte, was die Heu-Qualität vom Schimmel- und Schädlingsbefall bis zum Zucker- und Energiegehalt anlangt, kann sein Heu von Fachleuten analysieren lassen. Diese Service bieten unter anderem die Landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalten an: http://www.vdlufa.de
Dr. Bianca C. Schwarz, DipECEI, ist europaweit renommierte Pferdeinternistin und unsere Shoshologisch-Expertin für alle inneren Erkrankungen von Atemwegen bis Zwerchfell sowie für allgemeine gesundheitliche Themen. Symptome erkennen, Parameter richtig deuten und dabei kleinste Details zu ermitteln, ist für sie akribische Detektivarbeit in der differenzierten Diagnostik und kompetenten Befundung medizinischer Probleme. Dr. Schwarz berät Pferdebesitzer und Ärztekollegen, erstellt Gutachten und hält Vorträge. www.pferdeinternist.de
Die Veterinär-Physiotherapeutin behandelt Shosho und ihre Sportpferdefreunde in Aubenhausen nicht nur körperlich, sie hilft ihnen mit Verladetraining auch, gelassen in den Hänger zu gehen. An der Aberystwyth-University legte sie den Bachelor in Equine Sciences ab, an der Middlesex University den Master in Veterinary Physiotherapy. Seit 2014 ist sie selbstständig tätig: www.pauline-nachbauer.com
Die Dressurreiterin, Mutter von Jessica und Benjamin Werndl, prägt mit ihrer positiven Ausstrahlung die Atmosphäre in Aubenhausen. Aus ihrer Liebe zu Pferden und zum Yoga gründete sie die Yoga-Schule www.self-ish.de und coacht Spitzenreiter auf dem Weg zur Harmonie mit ihren Pferden. Außerdem engagiert sie sich im Deutschen Kuratorium für Therapeutisches Reiten DKThR e.V. und ermöglicht behinderten Menschen Reitunterricht.
Der Pferdezahnspezialist ist Tierarzt mit Zusatzbezeichnung und Weiterbildungsermächtigung Zahnheilkunde, außerdem Equine Veterinary Dentist (SVA). Er betreibt eine Tierärztliche Gemeinschaftspraxis im bayerischen Warngau mit Dentalzentrum in Lenggries, betreut alle Pferde im Dressurzentrum Aubenhausen und ist Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Tierzahnheilkunde. www.herold-simon.de
Dr. Gabriele Alber ist Agrarwissenschaftlerin und seit Januar 2019 stolze Besitzerin von Hannoveranerstute Shosho (MV: Riccione, V: Sir Donnerhall). Sie gab der Stute den Namen Shosholoza (südafrikanisch „Aufbruch“). Neben Shosho gehört noch der 1997 geborene Wallach David zur Pferdefamilie. Gabriele Alber wuchs mit Pferden auf und ritt Dressur bis Klasse S. 1998 gründete sie die Manufaktur navalis® nutraceuticals, die sie bis 2021 führte. Heute ist sie selbstständig beratend im Bereich Pferdeernährung und Produktentwicklung tätig.
Benjamin Werndl ist Head Coach von Shosho und leitet das Dressurzentrum „HOME of the DRESSAGE HORSE“ im bayerischen Aubenhausen mit seiner Schwester Jessica von Bredow-Werndl. Der Träger des Goldenen Reitabzeichens zählt zu den Top Ten der Dressur-Weltrangliste und zum deutschen Olympiakader. Mit neun Jahren bekam Benjamin Werndl www.benjamin-aubenhausen.de sein erstes Pony und wollte erst Springreiter oder Skirennfahrer werden, bevor er 2002 als Vize-Europameister und Deutscher Meister der Jungen Reiter seine Dressurkarriere startete.
Eilika Böye trainiert die Stute Shosho täglich und gehört seit Juli 2019 zum Team Aubenhausen www.aubenhausen.de, wo sie sich vor allem um die Dressurausbildung der jungen Pferde kümmert. Die Pferdewirtin Schwerpunkt Reiten, ausgezeichnet mit der Stensbeck-Plakette, war auch im Springen bis Klasse S und in der Vielseitigkeit bis CIC* erfolgreich und als Bereiterin unter anderem auf dem Hof Kasselmann tätig.
Yvonne Baumgärtner kümmert sich ganzheitlich um Shosho von der täglichen Pflege über Erziehungsfragen bis hin zum Füttern morgens, mittags und abends. Seit Dezember 2018 gehört sie zum Team Aubenhausen. Yvonne koordiniert Shoshos Gesundheitsmanagement, wacht darüber, dass es ihr gut geht und kennt ihre Futtervorlieben ebenso wie Shoshos Eigenheiten als Pferdepersönlichkeit.
Dr. Kathrin Irgang berät Pferdebesitzer umfassend in Fütterungsfragen und unterstützt „ShoshoLogisch“ als Expertin. Nach dem Studium der Veterinärmedizin spezialisierte sich die Tierärztin mit Zusatzbezeichnung Ernährungsberatung (Kleintiere) www.tierarzt-ernaehrung.de im Jahr 2000 auf computergestützte Rationsberatung und Diätetik für Pferde. Ihr Leitmotto: „Gut gefüttert heißt noch nicht optimal ernährt.“
Online-Chefredakteurin Christine Felsinger ist studierte Biologin und Journalistin. Sie besitzt zwei Pferde, geboren 1997 und 2022, und verantwortet seit 1998 Fachmedien zum Thema Pferd. Heute als freie Journalistin, Bloggerin und Kommunikatorin tätig, leitete sie viele Jahre das Reitsportmagazin Cavallo, konzipierte unter anderem das Bookazin "ReitKultur", den Ernährungs-Blog www.freundpferd.de und den Pferdegesundheits-Blog „ShoshoLogisch“. In der Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft um das Pferd e.V. www.pferd-forschung.de ist sie Vorstandsmitglied.
Maresa Mader hat ihre Hobbys Pferde, klassische Dressur und Fotografie zum Beruf gemacht www.maresamader.com. Die Diplom-Designerin und Reiterin ist die Kamerafrau bei ShoshoLogisch. Sie fotografiert die Harmonie zwischen Pferd und Reiter seit 2010 mit viel Gefühl und gutem Auge – und freut sich, dass die fotogene und talentierte Stute Shosho ihr als Model so viel Spielraum für Motive und Momente bietet.
Miriam Reichel studierte Jura, hat ein Pferd, dass sie momentan in Klasse M in der Dressur vorstellt und zwei Hunde. Sie leitet zwei Verlage und hat zahlreiche Bücher und Artikel herausgegeben. Nebenbei spricht sie auf Krebskongressen zum Thema Heilung und Ernährung. www.miriam-reichel.com