Quaddeln beim Pferd vorbeugen: Was gegen Urtikaria hilft

Shoshos Betreuerin Yvonne Baumgärtner führt die Hannoveranerstute zum Stall. Im Hintergrund steht eine Reithalle.
Insektenschutz-Timing: Um den Bremsen zuvorzukommen, bringt Yvonne Baumgärtner die Hannoveranerstute Shosho schon frühmorgens auf die Weide und holt sie wieder in den Stall zurück, wenn die Insekten zu aktiv werden. Foto: Maresa Mader

Urplötzlich bekommt das Pferd überall Quaddeln: Nesselsucht oder Urtikaria ist eine Überreaktion des Immunsystems. Auch Stute Shosho hatte im Sommer schon damit zu tun. Logisch, dass Shoshos Besitzerin Dr. Gabriele Alber überlegt hat, wie sie Allergikern helfen und Quaddeln beim Pferd vorbeugen kann.

Bei Shosho, die täglich Weide- und Paddockgang genießt, sind es Bremsenstiche, die schon in jungen Jahren eine Urtikaria ausgelöst haben. „Fünf, sechs Stiche reichten, dann sah Shoshos Körper manchmal aus wie ein Streuselkuchen“, erinnert sich Gabi Alber an Sommermonate mit ihrer Stute.

Ställe mit ausgedehnter Weidehaltung, Grünflächen, Wäldchen und Wasserstellen sind nämlich nicht nur Paradiese für Pferde. Sie sind auch ideale Gefilde für Stechinsekten: Das sind überwiegend bestimmte Mücken-Spezies, aber auch Fliegen stechender Art, zu denen die von Pferden und Reitern gefürchteten Bremsen zählen. Zur Plage können je nach Wetter vor allem die riesigen Pferdebremsen (Tabanus sudeticus) werden, die im Anflug laut summen und den schönsten Ausritt stören. Aber auch die kleineren und fiesen, weil kaum wahrnehmbar angreifenden Regen- oder Gewitterbremsen (Haematopota pluvialis).

Bremsen lassen die Pferdehaut verrückt spielen

Eine Regenbremse (Haematopota pluvialis): Diese häufige Bremsen-Art ist in der Pferdehaltung eine echte Plage. Sie fühlt sich vor allem in feuchten Wiesen und bei schwülem Wetter wohl. Foto: Adobe Stock

Die Bremsenweibchen sind es, die die Haut ihrer Opfer mit raspelartigen Mundwerkzeugen regelrecht aufsägen, wenn sie im Sommer auf Wiesen vor allem in Waldnähe und Feuchtgebieten ausschwärmen. Schlimmer noch als der akute Schmerz beim Stich: Bremsen lassen öfters auch das Immunsystem verrückt spielen. Genau wie bei Shosho.

Meistens sind es Regen- oder Gewitterbremsen, die von Mai bis Oktober bei schwüler Hitze und kurz vorm Regen besonders aktiv sind. Sie raspeln an der Haut von Warmblütern, ob Tier oder Mensch, bis sich eine winzige Blutlache bildet. Beim Blutlecken sondern sie ein gerinnungshemmendes Sekret ab. Dieses kann starken Juckreiz, Schwellungen, Entzündungen oder länger anhaltende Komplikationen verursachen.

Dazu gehört die Urtikaria, auch Nesselfieber oder Nesselsucht genannt. Schade, wenn die Weidesaison trotz Repellent-Sprays und Fliegendecken vom Genuss zum Schreckgespenst wird, weil keiner sagen kann, ob und wann eine Urtikaria erneut aufflammt.

Klar ist bislang, dass Nesselsucht eine allergische Reaktion ist, eine Hypersensibilität des Immunsystems, mit der wohl auch die junge Shosho zu tun hat.

Gut zu wissen

Tierärzte unterscheiden zwischen akuter Urtikaria, die meist nur einmal in Erscheinung tritt und 24 bis 48 Stunden anhalten kann, und rezidivierender Urtikaria, die wiederholt auftritt. Manchmal wird sie chronisch, hält sechs bis acht Wochen und mitunter sogar Monate an.

Wie Quaddeln beim Pferd aussehen

Urtikaria-Schub: Die Nesselsucht kann urplötzlich auftreten und sieht bei jedem Pferd anders aus. Quaddeln unterschiedlichster Form bilden sich am ganzen Körper oder lokal begrenzt. Foto: Christine Felsinger

Urtikaria macht sich durch Ödeme in der Haut bemerkbar. Es bilden sich Quaddeln, manchmal auch Ringe oder Streifen, die sich schwammig anfühlen. Drückt man auf die Quaddeln, bleibt eine Delle, die nur langsam verschwindet. Sie können sich lokal oder über den ganzen Körper verteilen.

Die Quaddeln wölben die Hautoberfläche scharf begrenzt auf und können mehrere Millimeter oder Zentimeter groß sein. Oft haben sie seltsame Formen, wie ein Ring oder Streifen oder landkartenartig. Daran orientiert sich auch die Einteilung, die Tierärzte vornehmen, etwa Streifenurtikaria oder Gyraseurtikaria.

Juckreiz kann, muss aber nicht dazukommen. Es scheint so, dass Pferde häufiger ein Problem mit Urtikara haben als andere Tierarten.

Stiche oder Giftpflanzen: Was löst Quaddeln beim Pferd aus?

Bei einer wiederkehrenden oder chronischen Urtikaria müssen wir daher nach anderen Mitteln suchen und recherchieren: Was löst die Überreaktion aus? Bremsenstiche wie bei Shosho? Andere Stechinsekten wie Mücken, Wespen oder Bienen? Bestimmte Futtermittel, auf die das Immunsystem allergisch reagiert? Giftpflanzen auf der Weide? Umweltgifte im Stall?

Diese Ursachenforschung ist langwierig, frustrierend und selten von Erfolg gekrönt. Oft bleibt es leider bei Spekulationen, welcher Auslöser es sein könnte. Deshalb stellt sich die Frage, wie man die Erkrankung längerfristig kontrollieren und ihr auch vorbeugen kann.

Frische Luft und Sandbad: Im Paddock genießt Shosho das ganze Jahr über die natürlichen Umweltreize und guckt herum, was passiert. Foto: Maresa Mader

Im Dressurzentrum Aubenhausen, mitten im Grünen gelegen, achtet man penibel darauf, dass die Pferde nur zu Tageszeiten auf die Koppel und die Paddocks kommen, in denen die Bremsen noch nicht aktiv sind.

Dazu gehört zunächst, mögliche und verdächtige Allergieauslöser so gut es geht vom Pferd fernzuhalten. Im Sommer sind das häufig Stechinsekten. Betroffenen Pferden kommt daher ein gutes Stallmanagement zugute – so wie bei Shosho.

Dazu gehört zunächst, mögliche und verdächtige Allergieauslöser so gut es geht vom Pferd fernzuhalten. Im Sommer sind das häufig Stechinsekten. Betroffenen Pferden kommt daher ein gutes Stallmanagement zugute – so wie bei Shosho.

Wir stellen die Pferde im Sommer grundsätzlich in den frühen Morgenstunden auf die Weide“, sagt Sophia Thaler. Sie arbeitet in Aubenhausen im Stall- und Betriebsmanagement. Das Betreuerteam achtet speziell bei schwülem Wetter darauf, dass die Pferde um 9 Uhr wieder in die Ställe zurückkehren. Empfindliche Pferde werden durch leichte Fliegendecken geschützt oder mit Repellentsprays eingesprüht.

Wie immer, wenn das Immunsystem beteiligt und die Harmonie im Pferdekörper aus der Balance geraten ist, kann neben fürsorglichem Haltungsmanagement auch die Ernährung mit ganzheitlich wirksamen Nutraceuticals eine Chance sein, um Urtikaria in den Griff zu bekommen. Sprich: die Hypersensibilität zu dämpfen und Schüben vorzubeugen.

Ernährung kann dem Immunsystem helfen

Schon 2013 stellten indische Forscher fest, dass ein ayurvedisches Kräuterpräparat gegen Urtikaria helfen konnte. Seit 2021 gibt es auch in Deutschland ein mit Beobachtungsstudien flankiertes Nutraceutical für Immunsystem und Haut: Shoshos Besitzerin Dr. Gabriele Alber hat es entwickelt.

Auch Hannoveranerstute Shosho bekommt nun dieses Mikronährstoffprodukt als Ergänzung zu ihrer Futterration. Trotz hoher Bremsenplage im feuchtwarmen Hochsommer 2021 hat sie noch keine Probleme mit Urtikaria. Besitzerin Gabi Alber ist zuversichtlich, mit dieser nutriologischen Strategie Pferden helfen zu können.

Ernährung kann helfen, allergischen Reaktionen bei Pferden vorzubeugen. Aus ernährungsmedizinischer Sicht ist das eine spannende Entwicklungsaufgabe.