Das Gehirn unserer Pferde ist der Sitz ihres Gedächtnisses und fürs Lernvermögen zuständig. Klingt logisch. Wusstet ihr, dass das Gehirn auch den gesamten Stoffwechsel steuert und damit Energieversorgung und Entgiftung eines Pferdes – und dass wir über die Kommunikation zwischen Darm, Niere, Nerven, Blut- und Lymphbahnen auch Stoffwechselproblemen vorbeugen?
Damit kommen nun weitere lebenswichtige Organe ins Stoffwechsel-Spiel und in unsere Serie, denn im ersten Teil unseres Shoshologisch-Specials ging es um die Leber als Entgiftungszentrale im Stoffwechsel der Pferde: Stoffwechsel und Leber stärken – für Energie und Entgiftung.
Außerdem haben wir bereits aus Sicht des Tierarztes erfahren, warum man bei einem Sportpferd wie unserer Hannoveranerstute Shosho den Stoffwechsel ebenso trainieren muss wie die allgemeine körperliche Fitness sowie Muskeln und Bewegungsapparat.
Wie in einer mächtigen Kaskade das Wasser über verschiedene Etagen zu Tale stürzt, rauschen vom Gehirn über Nerven- und Hormonsystem unaufhörlich Botschaften in Form von Nerven- und Hormonsignalen in den Körper. Sie gelangen an die Hirnanhangsdrüse und von dort aus an Hormondrüsen (etwa die Nebennierenrinde) und Organe.
Dabei kommt es leicht zu Störfällen: So führt etwa eine Fehlfunktion der Hirnanhangsdrüse zur Überproduktion von Kortisol in der Nebennierenrinde und stört den Stoffwechsel: Es kommt zum Equinen Cushing Syndrom, inzwischen eine der häufigsten Stoffwechselstörungen beim Pferd.
Was unterstützt den Gehirnstoffwechsel, und wie können wir Stoffwechselproblemen vorbeugen? Zum Beispiel Glukose, die beim Abbau von Stärke aus Getreide entsteht. Sie ist Nervennahrung, denn der Hirnstoffwechsel verbraucht viel Energie. Vorsicht allerdings bei Cushing-Patienten, denn bei ihnen kann ein Übermaß an Stärke und deren Abbauprodukt Glukose leicht Hufrehe auslösen.
Der Darm ist neben der Leber das zweite, ebenso wichtige Entgiftungsorgan. Was der Canale Grande für das Städtchen Venedig, ist der Darm fürs Pferd: Der imposante Verdauungskanal schlängelt sich etwa 30 Meter lang durch die Bauchhöhle und beherbergt ein inzwischen sogar als eigenständiges Organ betrachtetes Wunder aus Billionen Bakterien und Mikroorganismen: das Darmmikrobiom oder korrekter, die Darmmikrobiota.
Diese Mikroorganismen lösen mit Hilfe von Enzymen Nährstoffe aus dem Pferdefutter. Neben diesen guten Erzeugnissen des Darmstoffwechsels entstehen auch mikrobielle Stoffwechselprodukte, die als Abgase und Abfall gelten, zum Beispiel Ammoniak.
Bewegungsmangel und das Fressen von zu viel Stroh, wenn zu wenig Heu gefüttert wird, machen den Darm träge. Unverdaute Stärke aus Mais und Gerste sowie der Zucker Fruktan im Gras feuern den Darmstoffwechsel zunächst an; die Mikroorganismen vermehren sich rasant. Dabei verändert sich die Darmflora infolge vermehrter Säurebildung. Sterben dadurch Mikroorganismen im Darm, gelangen ihre Zellwandbestandteile ins Blut und lösen Zirkulationsstörungen aus. Im Huf führt das zu Hufrehe.
Was unterstützt den Darmstoffwechsel? Ballaststoffe (in Heu, Haferspelzen, Kleie, Rübenschnitzeln) füttern die Darmbakterien auf natürliche Weise, weshalb die Mikrobiota im Pferdedarm für einen gesunden Stoffwechsel regelmäßig Ballaststoffnachschub braucht.
Auch Prebiotika (zum Beispiel Inulin aus Topinambur oder Pektin aus Äpfeln) können Futter für die Darmbakterien sein. Und mit Probiotika (zum Beispiel Bierhefe), also lebenden, nützlichen Mikroorganismen, kann man den Pferdedarm therapeutisch gezielt impfen, damit das Mikrobiom stabilisieren und den Darmstoffwechsel aktivieren.
Hormone, die körpereigenen Botenstoffe, regulieren den Stoffwechsel. Das Hormon Thyroxin aus der Schilddrüse und Adrenalin aus der Nebenniere fahren ihn hoch. Insulin und Glukagon aus der Bauchspeicheldrüse fördern oder hemmen den Zuckerabbau. Keimdrüsen (Eierstöcke oder Hoden) stellen Geschlechtshormone (Östrogene, Androgene) her, die den Stoffwechsel der Pferde ebenfalls beeinflussen. Östrogen fördert etwa Wassereinlagerungen im Gewebe und kann schuld sein, wenn rossige Stuten angelaufene Beine bekommen oder zickig werden.
Wenn Hormone und Hormondrüsen nicht mehr richtig zusammenarbeiten und in der Steuerung kaskadenartig eine Hormondrüse die andere beeinflusst, drohen Pannen. So ist beim Equinen Cushing Syndrom der Steuermechanismus zwischen Hirnanhangsdrüse (Hypophyse, produziert das Hormon ACTH) und Nebennierenrinde (wird durch ACTH stimuliert, Kortisol zu bilden) gestört. Ein Übermaß an ACTH führt dazu, dass zu viel Kortisol gebildet wird. Weil Kortisol der Gegenspieler des Insulins ist, schwächt ein dauerhaft zu hoher Kortisolspiegel die Insulinwirkung, und es entsteht eine Insulinresistenz.
Das Stoffwechsel-Steuerungshormon Insulin reagiert im Pferd langsamer als im Menschen. Ähnlich ist es mit Enzymen der Bauchspeicheldrüse, die Stärke aus der Nahrung zerlegen. Diese Enzyme schnellen beim Menschen auf das Zehnfache hoch, wenn er viel Getreide isst. Nicht so beim Pferd, dessen Stoffwechsel nicht auf große Stärkemengen eingerichtet ist: Die Stärke gelangt unzerlegt in den Darm und führt zu Fehlgärungen bis hin zur Hufrehe.
Was unterstützt den Hormonstoffwechsel? Der Tierarzt kann ihn durch Medikamente beeinflussen, die ihrerseits Hormone enthalten können und exakt dosiert werden müssen. Auch einige sekundäre Pflanzenstoffe können den Hormonstoffwechsel im Körper beeinflussen, was man sich in Nutriologie und Phytotherapie zunutze macht.
Die Niere scheidet wasserlösliche Stoffwechselabfälle aus. Gifte oder auch Medikamente können Nierenschäden begünstigen.
Was unterstützt die Niere, wenn wir Stoffwechselproblemen vorbeugen wollen? Auch hier gilt: Die passende Dosis der Nährstoffe und Mikronährstoffe entscheidet über Wohl und Wehe. Besonders eine zu hohe Menge an Kalzium und Phosphor im Futter belastet die Nieren, bitte daher nicht überdosieren. Auch zu viel Vitamin D geht dem Pferd an die Nieren. Mischt sich zu viel Goldhafer ins Weidegras, hat das eine ähnliche Wirkung, denn Goldhafer enthält eine Vitamin-D-ähnliche Substanz.
Kräuter wie Brennessel, Goldrute und Birkenblätter steigern die Harnmenge und regen die Nierenfunktion an, was Durchspülung, Ausscheidung und Entgiftung fördert. Ist die Ausscheidung gestört, reichern sich schädliche Substanzen an, und der gesamte Stoffwechsel wird belastet.
Und schließlich versteht sich von selbst, dass Pferde ebenso wie Menschen ausreichend trinken sollten, damit die harnableitenden Wege und die Nieren selbst reibungslos funktionieren. Im Schnitt trinken sie laut Lehrbuch täglich 5,5 Liter Wasser pro 100 Kilogramm Körpergewicht.
Freier Zugang zum Wasser ist daher essenziell, damit wir beim Pferd Stoffwechselproblemen vorbeugen, und auch ausreichend Heu animiert sie zum Trinken: 1 Kilo Heu spülen Pferde nämlich mit 3,2 Litern Wasser hinunter, 1 Kilo Kraftfutter mit nur 2 Litern.
Dr. Bianca C. Schwarz, DipECEI, ist europaweit renommierte Pferdeinternistin und unsere Shoshologisch-Expertin für alle inneren Erkrankungen von Atemwegen bis Zwerchfell sowie für allgemeine gesundheitliche Themen. Symptome erkennen, Parameter richtig deuten und dabei kleinste Details zu ermitteln, ist für sie akribische Detektivarbeit in der differenzierten Diagnostik und kompetenten Befundung medizinischer Probleme. Dr. Schwarz berät Pferdebesitzer und Ärztekollegen, erstellt Gutachten und hält Vorträge. www.pferdeinternist.de
Die Veterinär-Physiotherapeutin behandelt Shosho und ihre Sportpferdefreunde in Aubenhausen nicht nur körperlich, sie hilft ihnen mit Verladetraining auch, gelassen in den Hänger zu gehen. An der Aberystwyth-University legte sie den Bachelor in Equine Sciences ab, an der Middlesex University den Master in Veterinary Physiotherapy. Seit 2014 ist sie selbstständig tätig: www.pauline-nachbauer.com
Die Dressurreiterin, Mutter von Jessica und Benjamin Werndl, prägt mit ihrer positiven Ausstrahlung die Atmosphäre in Aubenhausen. Aus ihrer Liebe zu Pferden und zum Yoga gründete sie die Yoga-Schule www.self-ish.de und coacht Spitzenreiter auf dem Weg zur Harmonie mit ihren Pferden. Außerdem engagiert sie sich im Deutschen Kuratorium für Therapeutisches Reiten DKThR e.V. und ermöglicht behinderten Menschen Reitunterricht.
Der Pferdezahnspezialist ist Tierarzt mit Zusatzbezeichnung und Weiterbildungsermächtigung Zahnheilkunde, außerdem Equine Veterinary Dentist (SVA). Er betreibt eine Tierärztliche Gemeinschaftspraxis im bayerischen Warngau mit Dentalzentrum in Lenggries, betreut alle Pferde im Dressurzentrum Aubenhausen und ist Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Tierzahnheilkunde. www.herold-simon.de
Dr. Gabriele Alber ist Agrarwissenschaftlerin und seit Januar 2019 stolze Besitzerin von Hannoveranerstute Shosho (MV: Riccione, V: Sir Donnerhall). Sie gab der Stute den Namen Shosholoza (südafrikanisch „Aufbruch“). Neben Shosho gehört noch der 1997 geborene Wallach David zur Pferdefamilie. Gabriele Alber wuchs mit Pferden auf und ritt Dressur bis Klasse S. 1998 gründete sie die Manufaktur navalis® nutraceuticals, die sie bis 2021 führte. Heute ist sie selbstständig beratend im Bereich Pferdeernährung und Produktentwicklung tätig.
Benjamin Werndl ist Head Coach von Shosho und leitet das Dressurzentrum „HOME of the DRESSAGE HORSE“ im bayerischen Aubenhausen mit seiner Schwester Jessica von Bredow-Werndl. Der Träger des Goldenen Reitabzeichens zählt zu den Top Ten der Dressur-Weltrangliste und zum deutschen Olympiakader. Mit neun Jahren bekam Benjamin Werndl www.benjamin-aubenhausen.de sein erstes Pony und wollte erst Springreiter oder Skirennfahrer werden, bevor er 2002 als Vize-Europameister und Deutscher Meister der Jungen Reiter seine Dressurkarriere startete.
Eilika Böye trainiert die Stute Shosho täglich und gehört seit Juli 2019 zum Team Aubenhausen www.aubenhausen.de, wo sie sich vor allem um die Dressurausbildung der jungen Pferde kümmert. Die Pferdewirtin Schwerpunkt Reiten, ausgezeichnet mit der Stensbeck-Plakette, war auch im Springen bis Klasse S und in der Vielseitigkeit bis CIC* erfolgreich und als Bereiterin unter anderem auf dem Hof Kasselmann tätig.
Yvonne Baumgärtner kümmert sich ganzheitlich um Shosho von der täglichen Pflege über Erziehungsfragen bis hin zum Füttern morgens, mittags und abends. Seit Dezember 2018 gehört sie zum Team Aubenhausen. Yvonne koordiniert Shoshos Gesundheitsmanagement, wacht darüber, dass es ihr gut geht und kennt ihre Futtervorlieben ebenso wie Shoshos Eigenheiten als Pferdepersönlichkeit.
Dr. Kathrin Irgang berät Pferdebesitzer umfassend in Fütterungsfragen und unterstützt „ShoshoLogisch“ als Expertin. Nach dem Studium der Veterinärmedizin spezialisierte sich die Tierärztin mit Zusatzbezeichnung Ernährungsberatung (Kleintiere) www.tierarzt-ernaehrung.de im Jahr 2000 auf computergestützte Rationsberatung und Diätetik für Pferde. Ihr Leitmotto: „Gut gefüttert heißt noch nicht optimal ernährt.“
Online-Chefredakteurin Christine Felsinger ist studierte Biologin und Journalistin. Sie besitzt zwei Pferde, geboren 1997 und 2022, und verantwortet seit 1998 Fachmedien zum Thema Pferd. Heute als freie Journalistin, Bloggerin und Kommunikatorin tätig, leitete sie viele Jahre das Reitsportmagazin Cavallo, konzipierte unter anderem das Bookazin "ReitKultur", den Ernährungs-Blog www.freundpferd.de und den Pferdegesundheits-Blog „ShoshoLogisch“. In der Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft um das Pferd e.V. www.pferd-forschung.de ist sie Vorstandsmitglied.
Maresa Mader hat ihre Hobbys Pferde, klassische Dressur und Fotografie zum Beruf gemacht www.maresamader.com. Die Diplom-Designerin und Reiterin ist die Kamerafrau bei ShoshoLogisch. Sie fotografiert die Harmonie zwischen Pferd und Reiter seit 2010 mit viel Gefühl und gutem Auge – und freut sich, dass die fotogene und talentierte Stute Shosho ihr als Model so viel Spielraum für Motive und Momente bietet.
Miriam Reichel studierte Jura, hat ein Pferd, dass sie momentan in Klasse M in der Dressur vorstellt und zwei Hunde. Sie leitet zwei Verlage und hat zahlreiche Bücher und Artikel herausgegeben. Nebenbei spricht sie auf Krebskongressen zum Thema Heilung und Ernährung. www.miriam-reichel.com